Im Internet abgegebene Bewertungen dürfen weiterhin anonym abgegeben werden. Der BGH beschäftigte sich zum wiederholten Male mit dem Thema „Persönlichkeitsverletzung im Internet“. Bei offensichtlich und nachweislich falschen Bewertungen, muss das Portal zwar die Bewertung löschen, aber nicht Auskunft über die Identität des Bewertenden geben.
Karlsruhe, 30. Juli 2015 – Es fiel den Richtern des VI: Zivilsenats des BGH nicht einfach dieses Urteil zu verkünden. Die Sach- und Rechtslage waren klar und trotzdem ließ man sich über einen Monat Zeit mit der Verkündigung des Urteils (Az. VI ZR 345/13). Das mag daran liegen, dass das Urteil für viele schwer verständlich ist. Ein Arzt der zu Unrecht negative Bewertungen auf Online Portalen erhielt, und dessen Reputation daraufhin leidet, darf nicht erfahren, wer dahinter steckt.
Dürfen Internetportale Identitäten preisgeben?
Im konkreten Fall ging es darum, dass Nutzer auf dem Ärzte-Bewertungsportal sanego.de eine ganze Reihe von falschen und üblen Bewertungen abgegeben haben. Betroffen war ein Arzt aus Schwäbisch-Gmünd. Ihm wurden Dinge unterstellt wie: falsche Diagnosen, Patientenakten würden in Wäschekörben im Behandlungsraum lagern, fehlerhaftes Verschreiben von Medikamenten, extrem lange Wartezeiten usw. Der Arzt verlangte daraufhin vom Portal die Löschung der Beiträge und die Herausgabe der persönlichen Daten des anonymen Bewerters. Sanego.de löschte die Bewertungen, allerdings war nun zu klären, ob Bewertungsportale berechtigt oder sogar verpflichtet sind, die Identitäten im Zweifelsfall preiszugeben.
TMG lässt keinen Spielraum
Das Oberlandesgericht Stuttgart vertrat die Auffassung, dass das Internetportal Name und Anschrift des Bewerters herausgeben muss. Der BGH sah das jedoch anders. Die Richter vertreten die Auffassung, dass die Identität nicht preisgegeben werden darf. Das Urteil beruht auf das TMG (Telemediengesetz) von 2007. Nach § 13 Abs. 6 TMG ist eine anonyme Nutzung von Foren oder Plattformen nicht nur gewünscht, sondern ausdrücklich vorgesehen. Nur in wenigen Ausnahmen darf die Identität weitergegeben werden.
Hilfe von Strafverfolgungsbehörden
Über die Staatsanwaltschaft kann ein Anspruch auf Auskunft durchgesetzt werden. Strafverfolgungsbehörden sind dazu ermächtigt, sofern es sich bei den Kommentaren um einen Strafbestand handelt, die Identitäten von anonymen Nutzern zu ermitteln. Im konkreten Fall, handelt es sich jedoch nur um eine „einfache“ Persönlichkeitsrechtsverletzung, die nicht den Tatbestand einer Straftat erfüllt. Der Arzt kann nur die Löschung der Kommentare verlangen und wird also nie herausfinden, wer hinter den falschen Bewertungen steckt.
Das dieses Urteil auch einen negativen Beigeschmack hat, war auch den Richtern am BGH bewusst. Doch aufgrund der Gesetzeslage, blieb ihnen keine andere Wahl, als dieses Urteil zu verkünden. Das Thema Anonymität im Internet bleibt also auch weiterhin viel diskutiert.
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