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Basel II: Das Ende der Kreditversorgung?

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 31. Januar 2022

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Schon im Jahre 1988 wurde durch den Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht erstmals ein Papier zur Eigenkapitalunterlegung für die Kreditrisiken bei Banken entworfen, das erst 1992 in Kraft trat und über eine EU-Richtlinie in deutsches Recht übernommen wurde. Das Dokument regelte im wesentlichen, daß Banken Eigenkapital in Höhe von 8% der ausgereichten Kredite führen müssen. Hierzu enthält §10 KWG eine Verordnungsermächtigung. Mit dieser Eigenkapitalunterlegung („Solvabilitätsgrundsätze“) sollte eine größere Sicherheit des Bankensektors erreicht werden. Die Hauptkritik, daß diese Anforderung an das Eigenkapital die Bonität des Schuldners nicht berücksichtigt, führt derzeit zum Basel II Abkommen, das aber vorausssichtlich erst ab 2007 in Kraft treten soll. Dennoch hat es schon im Vorfeld zu massiven Ängsten insbesondere im Mittelstand geführt. Dieser kleine Beitrag enthält die wichtigsten Umrisse.

Der Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht diskutiert derzeit eine neue Richtlinie über die Eigenkapitalunterlegung von Krediten an Bankkunden, die das alte Basel I Abkommen aus dem Jahre 1988 ersetzen soll und voraussichtlich folgende (noch nicht ganz abschließend festgelegte) Elemente enthalten soll:

  • Retail-Portfolio: Kredite an kleine unt mittlere Firmenkunden mit einem Gesamtkreditvolumen von unter 1.000.000 € sollen zu einem sogenannten Retail-Portfolio zusammengefaßt werdne und müssen nur noch mit weniger als 8% Eigenkapital unterlegt werden. Dies sichert voraussichtlich die weitere Kreditversorgung von Freiberuflern, Handwerkern und ähnlichen Unternehmern.
  • Rating: Kredite an Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 50.000.000 € und einer Kreditsumme über 1.000.000 € werden von einem Rating-Prozeß abhängig gemacht. Hierbei muß die Bank den Kredit mit um so mehr Eigenkapital unterlegen je geringer die Bonität des Kreditnehmers ist.
  • Zuschläge bei längerfristigen Krediten: Schließlich sollen auch bei langfristigen Krediten Zuschläge in der Eigenkapitalunterlegung erhoben werden, weil das mit langfristigen Engagements verbundene Risiko größer ist.

Das Basel II Abkommen besteht aus drei Regelungsbereichen, die als die sogenannten „drei Säulen“ bekannt sind:

  • 1. Säule: Drei Elemente sollen in die neu zu beschließenden Mindesteigenkapitalanforderung einbezogen werden: Das Kreditrisiko, das Marktrisiko und das operationelle Risiko. Hierzu wird ein Rechenverfahren vorgegeben, das die Kreditnehmer bewertet. Je nach Ergebnis dieser Berechnung, d.h., je nach Bonität des Kreditnehmers, muß die Bank den ausgereichten Kredit mit mehr oder weniger Eigenkapital unterlegen. Dies führt dazu, daß Kredite für „gute“ Kreditnehmer günstiger und für „schlechte“ Kreditnehmer teurer werden.
  • 2. Säule: Das aufsichtsrechtliche Überprüfungsverfahren soll die Einhaltung der Anforderungen überwachen und sicherstellen, daß die Banken ihre internen Methoden zur Risikobewertung ständig verbessern. Es ist damit ein dem Qualitätsaudit nahestehendes Verfahren und kann wie auch das QM zu einer Art kontinuierlichen Verbesserung führen. Die Bankenaufsicht bewertet auch das Risikoprofil der Bank selbst und kann bankspezifisch härtere Anforderungen festlegen. Bei Feststellung von Mängeln des internen Risikomanagementsystems der Bank kann die Bankenaufsicht die Banken zu Verbesserungsmaßnahmen verpflichten. Dies wird vermutlich im Wege einer Verordnung ausgestaltet werden.
  • 3. Säule: Erweiterte und neue Offenlegungspflichten fallen in vier Kategorien: Genaue Angaben zu den erfaßten Gesellschaften der jeweiligen Bankengruppe, Informationen zur Eigenkapitalstruktur (Zusammensetzung des Kernkapitals, Höhe der Ergänzungskapitalsummen, Art der angewandten Rechnungslegungsgrundsätze und Berücksichtigung unrealisierter Gewinne), Informationen zu den eingegangenen Risiken (Kreditrisiken, Daten zu den jeweiligen Krediten, Marktrisiken, Risikomanagement-System der Bank) und Angaben zur angemessenen Eigenkapitalausstattung (Eigenkapitalquote, Eigenkapitalunterlegung verschiedener Risikoarten). Dies ist mit der Erwartung verbunden, daß die Marktteilnehmer sich über die bestehenden Risiken informieren und mehr Transparenz zu einer generell besseren Marktdisziplin führen werde.

Das Basel II Abkommen hat insbesondere im Mittelstand beträchtliche Ängste ausgelöst, die Kreditversorgung könnte nach Inkrafttreten der neuen Regelungen ganz zusammenbrechen. Eine Vermutung war bzw. ist, daß Venture Capital nach Einführung der neuen Regelungen auch im Mittelstand bedeutsam werden könnte. Die heftigen Diskussionen, die die neuen Richtlinien ausgelöst haben, haben mehrfache Verzögerungen der ursprünglich schon für 2004 geplanten Inkraftsetzung verursacht. Die Einführung eines ratingfreien Retail-Portfolios ist vermutlich eine Reaktion auf diese Befürchtungen.

Ganz sicher wird das neue Regelwerk aber zu einer Verschärfung des Auslesedrucks unter Unternehmen führen, den die, denen es gut geht, werden durch Basel II günstigere Kredite bekommen, während Unternehmen in der Krise der Zugang zu Geld weiter erschwert wird. Schon jetzt kursieren schwarze Listen mit generell nicht kreditwürdigen Branchen, auf denen neben dem Baugewerbe auch die Gastronomie und das Kfz-Gewerbe angeblich ganz oben stehen: Bald wird es vermutlich noch mehr so sein, daß es mit dem Kredit wie mit dem Sex ist: wer es am meisten nötig hat, bekommt am wenigsten…

Basel II wird daher indirekt auch den Monopolisierungsprozeß der Wirtschaft beschleunigen: die Großen werden größer, die kleinen sterben früher. Wie gut (oder schlecht) das für die Arbeitsplätze ist, werden wir erleben. Ob es helfen kann, große Insolvenzen und die daraus entstehenden Folgen zu vermindern, kann als zweifelhaft betrachtet werden. Auch die grundsätzliche systemische Instabilität des Bankensektors wird durch dieses Regelwerk vermutlich nicht verringert: hierzu müßte man Derivate verbieten und den Wahnsinn des Emissionshandels verhindern. Leider ist hierzu in der Politik nicht der geringste Ansatz zu erkennen.

Quellen:
gruenderlexikon.de

Bildnachweise: © Kzenon/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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