Selbstständig sein bedeutet nicht nur das Recht seine Arbeit frei einteilen zu können, sondern auch die Einhaltung von Pflichten. Vor allem für Arbeitgeber bestehen besondere Pflichten, die auch mit Kosten verbunden sind. Zwei kostenpflichtige Mitgliedschaften betreffen die Berufsgenossenschaft sowie die Industrie- und Handelskammer. Müssen Selbstständige diese Beiträge zahlen?
Die Berufsgenossenschaft (VBG)
Selbstständige, die Arbeitnehmer beschäftigen, müssen diese über die Berufsgenossenschaft gegen Unfälle am Arbeitsplatz versichern. Die gesetzliche Unfallversicherung gilt für alle Arbeitnehmer, also auch für 450-Euro-Minijobber, kurzfristig Beschäftigte sowie Praktikanten.
Im Folgenden Video wird die Gesetzliche Unfallversicherung kurz und einfach erklärt:
Der Berufsgenossenschaftsbeitrag muss für jeden Arbeitnehmer bezahlt werden. Die Höhe des Beitrags richtet sich nach der Höhe der gezahlten Bruttogehälter und der sogenannten Gefahrenklasse. Je nach Art der Tätigkeit, Branche, ob Innendienst oder Außendienst, bestehen unterschiedliche Unfall-Risikoklassen. Die Zuordnung zur Gefahrenklasse wird von der Berufsgenossenschaft festgelegt.
TIPP: Bevor Sie sich bei der Berufsgenossenschaft anmelden, schauen Sie sich die aktuelle Tabelle der Gefahrenklassen an. Dieser Tabelle können Sie entnehmen, für welche Tätigkeiten die niedrigsten Beiträge anfallen. Suchen Sie sich die Tätigkeitsbeschreibung aus, die günstigsten ist und dabei immer noch am besten zu Ihrem Unternehmen passt.
Beispiel: Die Höhe der Beiträge kann für ein Werbeunternehmen deutlich günstiger ausfallen, wenn die Arbeit überwiegend digital am PC erledigt wird und kein oder kaum Kontakt mit Papier und Druckmaschinen bestehen. Print-Werbung hingegen ist mit höheren Unfallraten verbunden und kostet entsprechend einen höheren Genossenschaftsbeitrag.
Im ersten Fall, z.B. für eine Agentur für Webdesign und Werbung, ist die VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Für eine Agentur für Print-Werbung und Druckerzeugnisse jedoch ist die BG ETEM (Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse) zuständig.
Diese beiden Berufsgenossenschaften (BG) erheben unterschiedliche Mitgliedsbeiträge, die Sie auf der jeweiligen Homepage der BG finden. Achten Sie aber nicht nur auf die dort angegebenen Rechenbeispiele. Im Detail gibt es weitere Unterschiede. Die VBG erhebt z.B. einen jährlichen Mindestbeitrag, den Mitglieder zahlen müssen, auch wenn das Entgelt für die Arbeitnehmer rein rechnerisch deutlich niedrigen Beitrag ergeben würde.
Diesen Punkt sollten vor allem Selbstständige und Freiberufler beachten, die im Jahr nur ein bis zwei Mini-Jobber kurzfristig beschäftigen. Auch wenn für Beschäftigte mit Mini-Job nur sehr geringe Beiträge von wenigen Euro zu zahlen wären, müsste der Unternehmer den jährlichen Mindestbeitrag (von derzeit 48,- Euro) zahlen (insgesamt für die Mitgliedschaft, nicht pro Arbeitnehmer).
Bei der BG ETEM hingegen gibt es eine sogenannte Pflichtversicherung für Unternehmer. Hier muss sich also auch der Arbeitgeber versichern, wobei erhebliche jährliche Kosten entstehen können. Arbeitgeber, die sich weniger als 100 Arbeitstage pro Jahr im Unternehmen befinden, können sich von dieser Pflichtversicherung befreien lassen. Der Antrag auf Befreiung sollte aber gleichzeitig mit dem Antrag zur Mitgliedschaft abgegeben werden.
Bevor Sie sich also für eine Mitgliedschaft in einer BG entscheiden (müssen!), vergleichen Sie die unterschiedlichen Konditionen und finden Sie heraus, welche BG für Ihre Tätigkeit zuständig sein kann und ob es noch günstiger geht. Eine Liste der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen finden Sie auf der Website der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung).
Die Meldung der gezahlten Gehälter ist jährlich bis Anfang Februar des Folgejahres an die BG abzugeben. Der Beitragsbescheid kommt dann in der Regel im April oder Mai. Zusätzlich zur Pflichtmitgliedschaft aller Arbeitnehmer, kann sich der Unternehmer auch freiwillig zur Absicherung bei Berufsunfällen versichern.
Zuständig für die Meldung ist in der Regel der, der auch die monatliche Gehaltsabrechnungen erstellt. Erfolgt dies durch einen Steuerberater, so wird auch die BG-Meldung jährlich automatisch – in der Regel ohne zusätzliche Kosten – mit erstellt.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK)
Bei der IHK besteht Pflichtmitgliedschaft für jeden, der ein Gewerbe selbständig betreibt. Nicht betroffen hiervon sind Freiberufler (z. B. Ärzte, Steuerberater, Rechtsanwälte), diese haben eigene Berufskammern.
Der Beitrag der IHK ist abhängig von der Höhe des Gewinns und bei sehr niedrigem Gewinn entfällt der Beitrag in der Regel komplett; näheres auf der Internetseite der zuständigen IHK.
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Danke für die Beitrag. Sehr informativ.
Hey, ich habe eine Frage:
Muss ich diese Versicherung auch zahlen, wenn ich Einzelunternehmerin bin oder NUR wenn ich Mitarbeiter habe?
Sehr schöner Artikel! Informativ und verständlich