Die für Vorsteuerberichtigung anwendbaren Vorschriften wurden ab 2005 durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (EURLUmsG) verändert und bei dieser Gelegenheit weitaus komplexer gefaßt – manchmal bis zur Katastrophe für die Buchhaltung. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird innerhalb von fünf Jahren ab der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§15a Abs. 1 Satz 1 UStG).
Die unscheinbare Regelung betrifft insbesondere Fälle bei denen ein Gegenstand nachträglich zu einem größeren oder kleineren Teil nichtunternehmerisch genutzt wird (also die Vorsteuer nachträglich nur anteilig erstattet werden kann). Bei Grundstücken und Gebäuden beträgt die Frist zehn statt fünf Jahre (§15a Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Berichtigung besteht daher auch in einem Fünftel bzw. bei Grundstücken und Gebäuden in einem Zehntel der jeweils geltend gemachten Vorsteuer: wird also beispielsweise eine ursprünglich betrieblich genutzte Anlage nach zwei Jahren in das Privatvermögen des Unternehmers überführt, so muß eine Berichtigung in Höhe von drei Fünfteln oder 60% der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuer erfaßt werden. Grund hierfür ist daß der Gesetzgeber verhindern will, daß Anlagen zunächst als betrieblich genutzt angegeben werden, um die Vorsteuer zurückfordern zu können, und dann in das Privatvermögen überführt werden. Insofern wird eine bisher im Umsatzsteuergesetz vorhandene Lücke geschlossen. Bis hierhin ist das eigentlich kein Problem.
Geht in ein vorhandenes Wirtschaftsgut aber ein anderer Gegenstand so ein, daß er seine materielle Selbständigkeit (die sogenannte Verkehrsfähigkeit) verliert, muß ebenfalls eine Vorsteuerberichtigung vorgenommen werden (§15 Abs. 3 UStG), und zwar anteilig. Dies ist häufig bei Reparaturen, also dem Einbau von Ersatzteilen, oder erweiternden Einbauten zusätzlicher Komponenten in Fahrzeuge oder Anlagen: Wird beispielsweise in ein Dienstfahrzeug nach einem Jahr ein Austauschmotor eingebaut, und dieses Fahrzeug ein weiteres Jahr später aus dem Betriebsvermögen entnommen oder auch nur anteilig privat genutzt, so wäre der Vorsteueranteil für den Austauschmotor anders zu berichtigen als der für den „Rest“ des Fahrzeuges. Und das ist ein Problem:
Das führt nämlich indirekt zu einer drastischen Verschärfung der umsatzsteuerlichen Rechnungslegungspflicht, denn bei Maschinen oder Gebäuden können innerhalb von fünf bzw. zehn Jahren zahlreiche bauliche oder technische Veränderungen stattfinden, die dann jeweils in „Berichtigungsreihen“ zurückverfolgbar sein müssen: für jedes ein- oder umgebaute Teil muß der Vorsteueranteil ja separat nachweisbar sein, und – was noch schlimmer ist – für den Rest des Gegenstandes der Restwert: was wäre im Beispiel also das Auto ohne Motor wert? Dieser Anteil des Fahrzeuges wäre nämlich anders zu berichtigen als der nachträglich eingebaute Ersatzmotor!
§15a UStG kennt übrigens keine Bagatellgrenze: für jeden Außenspiegel, jeden neuen Luftschlauch müssen also entsprechende anteilige Berichtigungen möglich sein. Weltfremder konnte der Gesetzgeber das wohl nicht regeln. Allerdings steht in §§15a Abs. 11 UStG eine Verordnungsermächtigung, und es bleibt zu hoffen, daß die zu erwartende Verordnung dann entsprechende Erleichterungen enthält.
Quellen:
- gruenderlexikon.de
- Gesetzesveröffentlichung im Bundesgesetzblatt
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