Hat man erfolgreich die Kosten von Aufwendungen, Ausgaben und Auszahlungen abgegrenzt und entsprechend klassifiziert, folgt die Einrichtung der Kostenstellengliederung.
Diese kann erst nach der Kostenartenrechnung vorgenommen werden, weil die zugrundegelegte Kostenklassifizierung in Einzel- udn Gemeinkosten oder in fixe und variable Kosten die dazu passende Kostenstellendefinition bestimmt. Dennoch ist die Aufstellung eines Kostenstellenplanes kein einfaches Geschäft, wie man hier gleich sehen wird.
So gibt es für die Aufstellung des Kostenstellenplanes zwei Regeln: er muß dem betrieblichen Leistungsprozeß entsprechen, also der Prozeßbeschreibung angepaßt sein, und bestimmt seinerseits das Kalkulationsschema. Daraus folgt, daß wer einen Kostenstellenplan eines ISO-zertifizierten Unternehmens aufstellen will, das QM-Handbuch auf dem Tisch haben sollte. Das Kalkulationsschema kann stets erst nach dem Kostenstellenplan erstellt werden. Schauen wir uns das mal an einem Beispiel an.
Lager | Produktion | Verwaltung | Vertrieb |
Materialeinzelkosten | |
+ | Materialgemeinkosten |
= | Materialkosten |
Lohneinzelkosten | |
+ | Lohngemeinkosten |
= | Lohnkosten |
= | Herstellkosten |
+ | Verwaltungsgemeinkosten |
+ | Vertriebsgemeinkosten |
= | Selbstkosten |
Viele Lehrbücher nehmen leider noch die Verhältnisse der Produktionsbranche zum Beispiel, was nicht mehr immer zeitgemäß ist, weil die produktive Wirtschaft in Deutschland durch Energierestriktionen immer mehr stillgelegt bzw. ins Ausland vertrieben wird. Dennoch lassen sich die beiden Grundgesetzmäßigkeiten damit gut darstellen.
So ist für produzierende Betriebe typisch, Material zu lagern und dann zu verarbeiten. Die Verwaltung steuert den Betriebsprozeß und der Vertrieb bringt die Produkte an den Abnehmer. Dies sind die Hauptprozesse. Für jeden muß es also eine Kostenstelle geben.
Diese vier Kostenstellen leisten am Produkt. Sie sind also Hauptkostenstellen. Jede Hauptkostenstelle hat nachher einen Zuschlagssatz. Dies schlägt sich im nebenstehenden Kalkulationsschema nieder: dort muß jede Hauptkostenstelle berücksichtigt werden. Wird dies vergessen, so ist die Kalkulation unvollständig – oder der Prozeß war unvollständig: Wird beispielsweise direkt aus dem Eingangslager verkauft, also gar nicht produziert, so kann natürlich der Produktionszuschlag ausgelassen werden. Das aber ist eine Ausnahme. Bei jedem „normalen“ Produktionsauftrag gemäß QM-Handbuch müssen alle vier Kostenstellen berücksichtigt werden.
Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, dieses Beispiel den Verhältnissen eines konkreten Betriebes anzupassen. Viel Gehirnschmalz muß hier investiert werden. Zwei Beispiele sollen das zeigen. Ein Logistiker könnte folgendermaßen gliedern:
Nahverkehr | Fernverkehr | International | Verwaltung | Vertrieb |
Dies setzt aber voraus, daß auch die betriebliche Abteilungsgliederung, und also die Prozeßbeschreibung, genau so aussieht. Aus Managementsicht ist das nur sinnvoll, wenn die drei Leistungsbereiche unterschiedliche Anforderungen und Maschinen bzw. Fahrzeuge brauchen, so daß die damit zusammenhängenden Einzelprozesse so unterschiedlich sind, daß drei Leitungsstellen für „Nah“, „Fern“ und „International“ sinnvoll sind. Das muß nicht der Fall sein. Alternativ könnte man sich etwa auch entscheiden, es so zu machen:
Straßengüterverkehr | Binnenschiffahrt | Luftfracht | Verwaltung | Vertrieb |
Dagegen würde ein Handelsbetrieb nach Geschäftsstellen gliedern. Das ist hier offensichtlich sinnvoll, denn man will am Ende die einzelnen Standorte vergleichen und Kennzahlenauswertungen machren. Also müssen standortbezogene Datenerhebungen stattfinden, die durch den Betriebsabrechnungsbogen unterstützt werden:
Frankfurt | München | Hamburg | Erfurt | Hauptverwaltung |
Die gleiche regional orientierte Unterteilung wäre sinnvoll, wenn eine geographische Spartenorganisation besteht. Organisation und Kostenstellenstruktur müssen einander entsprechen.
Die oben dargestellten grundlegenden Modelle sind jedoch noch sehr grob. Zwei Arten der vertieften Differenzierung sind in aller Regel sinnvoll. Zuerst müssen fast immer allgemeine- und Hilfskostenstellen eingeführt werden:
Sicherheit | ISO QM | Lager | Konstruktion | Produktion | Verwaltung | Vertrieb |
„Sicherheit“ und „ISO QM“ sind hier allgemeine Kostenstellen. Sie leisten an alle anderen Kostenstellen, denn die Wache bewacht den ganzen Betrieb und das QM kommt allen zugute. „Konstruktion“ ist hingegen eine Hilfskostenstelle, denn sie leistet nur an den Produktionsbereich, nicht aber an andere Kostenstellen.
Allgemeine- und Hilfskostenstellen haben keine eigenen Zuschlagssätze, sondern verrechnen die ihnen in der Primärkostenrechnung zugerechneten Kostensummen nach einem Verteilungsschlüssel an die anderen Kostenstellen weiter. Dieser Prozeß heißt Sekundärgemeinkostenverrechnung. Die beiden häufigsten Verfahren sind die Stufenleitermethode oder, besser und daher i.d.R. vorzuziehen, die Simultanverrechnung. Die Zuschlagssätze entstehen erst nach der Sekundärgemeinkostenverrechnung.
Alle bisher dargestellten Beispiele setzen voraus, daß Zuschlagssätze als Prozentwerte aus der Division der Gemeinkosten durch die Einzelkosten ermittelt werden. Das aber setzt voraus, daß die Einzelkosten auch die Gemeinkosten verursachen, denn der Kostenrechnung liegt das Verursacherprinzip zugrunde. Im Lager ist das darzustellen: die Einzelkosten der Entnahme von Bedarfsgegenständen verursachen die Lagergemeinkosten, die bekanntlich zum größten Teil aus Lagerzinskosten bestehen. In der Produktion ist das aber oft nicht der Fall: verursachen die produktiven Lohnkosten (also die Lohneinzelkosten) eines Handwerksbetriebes noch die Gemeinkosten des Produktionsbereiches, so stimmt das in einer automatisierten Produktion nicht. Dort sind die Maschinenkosten die wesentlichen Kosten, die die Löhne verursachen anstatt von den Löhnen verursacht zu werden. Die Produktivlohnkosten eines Bauhandwerkers sind also Einzelkosten, aber die Lohnkosten eines Maschinenführers im Industriebetrieb sind stets Gemeinkosten.
Lager | Produktion I | Produktion II | Verwaltung | Vertrieb | ||||||
Maschine A | Maschine B | Maschine X | Maschine Y | |||||||
fix | var | fix | var | fix | var | fix | var |
Dies aber öffnet die Tür zu einer Vielzahl weiterer Auswertungen: Im Beispiel sei der Produktionsprozeß zweistufig („Produktion I“ und „Produktion II“). Wenn im wesentlichen automatisch gefertigt wird, sind die Lohnkosten i.d.R. als Gemeinkosten zu behandeln, auch die Lohnkosten an den Anlagen. Nunmehr aber werden die Maschinen „A“ und „B“ in „Produkion I“ sowie „X“ und „Y“ in „Produktion II“ separat ausgewiesen – und zwar jeweils mit fixen und variablen Kosten. Wird also das Lager noch traditionell mit Einzel- und Gemeinkosten ausgewiesen, ist im Produktivbereich die Teilkostenrechnung in den Betriebsabrechnungsbogen eingesickert. Schauen wir mal, wofür das gut ist:
Produktion I | |
Einzelkosten | 20.000 EUR |
Gemeinkosten | 180.000 EUR |
Selbstkosten | 200.000 EUR |
Zuschlag | 900% |
In einem „konventionellen“ Betriebsabrechnungsbogen wäre nämlich auf die Lohneinzelkosten zugeschlagen worden. Diese betragen im Beispiel in der Fertigung 20.000 Euro. Hinzu kommen aber 180.000 Euro Gemeinkosten, die im wesentlichen nicht die Zwangsversicherung der Arbeiter repräsentieren, sondern die Maschinenkosten. Der Zuschlagssatz ist also 900%. Damit ist offensichtlich kaum noch eine sinnvolle Rechnung möglich.
Viel besser wäre es, wenn man die gleiche Kostenstelle in die beiden Maschinen A udn B aufgliedert. Man bekommt jetzt:
Produktion I | ||||
Maschine A | Maschine B | |||
fix | var | fix | var | |
Gemeinkosten | 70.000 EUR | 25.000 EUR | 90.000 EUR | 15.000 EUR |
95.000 EUR | 105.000 EUR | |||
Istzeit | 160 Std/Monat | 200 Std/Monat | ||
Zuschlag | 593,75 EUR/Std | 525,00 EUR/Std |
Die gleiche Gesamtkostensumme i.H.v. 200.000 Euro wird jetzt auf die beiden Maschinen aufgeteilt. Die Lohnkosten werden als Einzelkosten behandelt, aber die maschinenbezogenen Kosten werden in fixe und variable aufgeteilt. Eine andere Kostenartenrechnung wird also zugrundegelegt.
Das ermöglicht ganz neue Erkenntnisse. Anstatt jetzt einen Prozentsatz i.H.v. 900% auf die Löhne zuzuschlagen, muß die Maschinenlaufzeit pro Auftrag erhoben werden. Diese Maschinenlaufzeit ist maßgeblich für die Kalkulation – offensichtlich eine viel genauere Rechnung. Aber man kann jetzt noch viel mehr machen: bei 160 Stunden sind die variablen Kosten der Anlage A nämlich 25.000 Euro, oder 156,25 Euro pro Stunde. Weiß man dies, so kann man beispielsweise auch den Maschinenstundensatz bei Ausweitung oder Verringerung der Istzeit berechnen: stellen wir auf Zweischichtbetrieb um, und läuft die Maschine A nicht 160 sondern 320 Stunden pro Monat, so sind die Gesamtkosten 70.000 + 156,25 x 320 = 120.000 Euro pro Monat oder nur noch 375 Euro pro Stunde – ja, die Stückkostendegression.
Auch das ist natürlich noch nicht das Ende der Fahnenstange: per Deckungsbeitrags- und Break Even Rechnung könnte man hier herausfinden, wieviele Stunden die Anlagen jeweils pro Monat laufen müssen, um Gewinn zu erzielen – und will man weiter rechnen, kann man per Engpaß-Rechnung oder mit der Simplex-Methode Sortimentsplanung und Materialeinsatzoptimierung betreiben. All das setzt aber eine richtige Kostenstellengliederung und, vorher, eine dazu passende Kostenartendifferenzierung voraus.
Kostenstellengliederung und Kostenartenstrategie hängen also eng miteinander zusammen. Sie wollen sorgfältig und mit Sachverstand geplant werden, denn spätere Änderungen sind oft aufwendiger als anfängliche Neuplanungen. Wer hierbei Fehler macht, kriegt aber keine brauchbaren Ergebnisse heraus – und fällt mit unter betriebswirtschaftlich falsche Entscheidungen. Ja, wer vorher den Kopf in den Sand steckt, und es sich möglichst einfach machen will, der knirscht nachher mit den Zähnen!
Quellen:
- gruenderlexikon.de
- Zingel, Harry, „Lehrbuch der Kosten- und Leistungsrechnung“, Heppenheim 2004, ISBN 3-937473-05-X, Amazon.de