Nachdem wir uns vor einigen Tagen an dieser Stelle über neue Möglichkeiten bei der Abschreibung ausgelassen haben, fragte ein Leser nach dem Methodenwechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung nach §7 Abs. 3 EStG. Das ist ja wieder aktuell, seit die degressive AfA wieder eingeführt wurde, aber es betrifft ebenso alte Abschreibungspläne, die ja nach dem Recht zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung weitergeführt werden. Da das Gesetz nur den Methodenwechsel zuläßt, aber keine Richtlinie für den Zeitpunkt dieser Umstellung gibt, ist dies ein facettenreiches Thema.
Grundlegend darf nur von der degressiven zur linearen Methode gewechselt werden und nicht umgekehrt (§7 Abs. 3 EStG). Die dann entstehende lineare Abschreibung betrifft die restliche Nutzungsdauer des Anlagegegenstandes, und natürlich nur den Zeitwert zum Zeitpunkt des Methodenwechsels. Das betrachten wir nachfolgend an einem Zahlenbeispiel.
Ein Unternehmen beschaffe zum 01.01.2006 ein Anlagegut mit Anschaffungskosten i.H. von 120.000 Euro mit einer Nutzungsdauer von 12 Jahren. Für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 durfte die degressive AfA das Dreifache der linearen AfA, aber nicht mehr als 30% betragen. Diese Grenzwerte begleiten des Anlagegut für seine ganze Nutzungsdauer, d.h. spätere Abschaffungen oder Änderungen der degressiven Abschreibung sind für dieses Objekt solange nicht bedeutsam, wie es der Unternehmer behält, also der am 01.01.2006 begonnene AfA-Plan (ggfs. bis 2017) fortgesetzt wird.
Die lineare Absetzung für Abnutzung beträgt bei n = 12 pro Jahr 10.000 Euro oder 8,333% der Anschaffungskosten. Das Dreifache hiervon ist 25%. Dies ist der anwendbare degressive AfA-Satz; der zweite Grenzwert (30%) kommt also gar nicht zur Anwendung.
Die verbreitete Faustregel ist zu wechseln, wenn der degressive Zeitwert unter eine anfängliche lineare Abschreibungsrate gefallen ist. Im nebenstehenden Beispiel ist das erstmals im 9. Jahr der Fall (9.010,16 Euro < 10.000 Euro). Es wird daher der Betrag von 9.010,16 Euro in drei (!) gleichen Raten i.H.v. 3.003,39 Euro abgeschrieben.
Das Beispiel zeigt zugleich eine häufige Besonderheit: schon ein Jahr vorher, also in der 9. degressiven (!) Abschreibung, ergibt sich zufällig genau der im 10., 11. und 12. Jahr lineare abzuschreibende Betrag von 3.003,39 Euro. Das genau ist der Sinn der Faustregel: die Abschreibungsbeträge sollen möglichst „harmonisch“ auf die lineare Methode wechseln. Leider gibt es hierbei aber einige Einschränkungen:
Wird derselbe Gegenstand erst zum 01.01.2009 angeschafft, so ergibt sich ein anderes Bild. Durch das 1. Konjunkturpaket war zwar die degressive Abschreibung für die Jahre 2009 und 2010 mit maximal dem 2,5-fachen der linearen Abschreibung und maximal 25% p.a. wieder eingeführt worden, aber diese neuen Grenzwerte verhindern die Anwendung der oben demonstrierten Faustregel.
So wird im nebenstehenden AfA-Plan durch die niedrigere degressive Absetzung der Zeitwert erst im 11. Jahr mit 9.186,44 Euro den Wert einer anfänglichen linearen Rate i.H.v. 10.000 Euro unterschreiten. Nimmt man aber im 11. Jahr den Methodenwechsel vor, so müßte der ganze Restbetrag i.H.v. 9.186,44 Euro in einer einzigen (letzten, zwölften) AfA-Rate gebucht werden – nachdem vorher, im 11. Jahr, nur noch 2.417,48 Euro degressiv abgeschrieben worden sind. Das „paßt“ ganz offensichtlich nicht mehr.
Da das Gesetz aber keine Anweisungen für einen Zeitpunkt des Methodenwechsels enthält, kann der Steuerpflichtige die Umstellung zu einem beliebigen Zeitpunkt vornehmen.
Die beiden vorstehenden Gestaltungen demonstrieren, daß es keine einzige, für alle jeweils aktuellen Ausgestaltungen des §7 Abs. 2 EStG richtige Faustregel für den Methodenwechsel geben kann. Die Faustregel versagt bei niedrigeren Grenzwerten wie bei Anschaffung in in 2009 und 2010 (max. 2,5-faches der linearen AfA und maximal 25%) oder erst Recht bei Anschaffung in 2001 bis 2005 (maximal 2-faches der linearen AfA und maximal 20%). Sie versagt aber auch stets bei kurzen Nutzungsdauern:
Der Anlagegegenstand im Wert von 120.000 Euro werden zum 01.01.2009 angeschafft, habe aber nur eine Nutzungsdauer von sechs Jahren. Wer hier den „normalen“ degressiven AfA-Plan rechnet, kommt nie auf einen Zeitwert, der unter einer anfänglichen linearen Rate liegt. Die Faustregel versagt also ganz.
Wer ein wenig mit dem oben verlinkten AfA-Rechner herumprobiert, findet aber eine interessante Gesetzmäßigkeit, und damit eine mögliche neue Faustregel: rechnet man nämlich mit dem 2,5-fachen der linearen AfA i.H.v. 10.000 Euro/Jahr, also mit 100% / 12 x 2,5 = 20,8333% degressiv, beträgt die erste Rate 25.000 Euro, die zweite Rate 22,500 Euro und die dritte degressive (!) Rate ist 16.875 Euro (vgl. nebenstehend).
Der Methodenwechsel findet erst im vierten (!) Jahr statt, und erbringt für die drei (!) restlichen Nutzungsjahre (4., 5. und 6. Jahr) einen AfA-Betrag i.H.v. 16.875 Euro, der zuvor im 3. Jahr schon als degressiver Wert zustandegekommen ist. Das ist ein „glatter“ Übergang in die lineare Abschreibung.
Ist die Nutzungsdauer des abgeschriebenen Objektes noch kürzer, dann ist die degressive AfA insgesamt nicht mehr anwendbar. Beträgt die steuerliche Nutzungsdauer gemäß AfA-Tabelle nur vier Jahre (vgl. nebenstehend), dann ist die erste degressive Rate (bei Anschaffung im Veranlagungszeitraum 2009) i.H.v. 30.000 Euro gleich der ohnehin zulässigen linearen Rate i.H.v. ebenfalls 30.000 Euro. Dann schreibt man gleich linear ab, und denkt gar nicht mehr über die degressive Methode nach.
Alle diese Überlegungen sind jetzt nur noch rein steuerliche Konzepte. Sie sind nicht mehr handelsrechtlich relevant, denn der Maßgeblichkeitsgrundsatz wurde ja abgeschafft. In der Handelsbilanz, opder bei Anwendung der IFRS in der internationalen Bilanz, sind also vollkommen andere Abschreibungsmethoden zulässig, und u.U. auch sinnvoller, denn steuerlich geht es um Verringerung der Ertragsteuerbelastung, handelsrechtlich aber um einen möglichst „richtigen“ Ausweis des „wahren“ Zeitwertes.
Quellen:
- gruenderlexikon.de
- BilMoG: wie alte Abschreibungsmethoden zu neuem Leben erwachen
- Totgesagte leben länger: die degressive AfA entsteigt der Versenkung
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