Selbstständige und Freiberufler wie Ärzte und Zahnärzte, Apotheker und Inhaber eines Pflegedienstes sind oft freiwillig gesetzlich krankenversichert. Die Beiträge wurden bisher immer nach dem ausgewiesenen Einkommen im letzten Steuerbescheid bemessen. Das ist seit dem 01. Januar 2018 anders! Und zwar besagen die neuen Regeln, dass die Beiträge fortan an dem aktuellen Einkommen bemessen werden, d.h. die Beitragszahlungen werden an die persönliche Einkommensentwicklung angepasst.
Hinweis: Die Änderungen für 2018 betreffen insbesondere Selbstständige, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind. Sie gelten nicht für Selbstständige, die privat krankenversichert oder aufgrund von geringen Einnahmen familienversichert sind. Ebenso ausgenommen von dem neuen Gesetz sind Selbstständige, die aufgrund von hohen Gewinnen den Höchstbetrag für die gesetzliche Krankenversicherung zahlen.
Das Verfahren zur Berechnung der Beiträge bis Ende 2017
Bis einschließlich 2017 diente der letzte Einkommensteuerbescheid als Bemessungsgrundlage und zwar unabhängig von dem Veranlagungszeitraum des Bescheids. Die Beiträge zur GKV wurden erst durch einen neuen Steuerbescheid angepasst. Eine rückwirkende Änderung der Beiträge bzw. eine Nachforderung für abgelaufene Kalenderjahre war nicht vorgesehen.
Ein Beispiel zum Berechnungsverfahren der Krankenkassen:
Der selbstständige Werbetexter Herr Günter ist freiwillig versichert. Er erzielte in 2014 ein Einkommen von 30.000 Euro. Am 31.03.2016 wurde der entsprechende ESt-Bescheid bekanntgegeben. Ab dem April 2016, sprich: dem Folgemonat des Steuerbescheids für 2014 bzw. dessen Bekanntgabe, wurden Herr Günters Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung auf Basis des Einkommens aus dem Jahr 2014 (30.000 Euro) berechnet.
Im Jahr 2015 erzielte Herr Günter ein Einkommen von 50.000 Euro. Der zugehörige ESt-Bescheid wurde am 15. Februar 2017 bekanntgegeben. Dementsprechend erfolgte die Bemessung der Beiträge ab März 2017 auf der Basis des erhöhten Einkommens. Im Jahr 2016 ging das Einkommen von Herr Günter auf 30.000 Euro zurück. Er schickte die Einkommensteuererklärung für 2016 bereits im Februar 2017 an die Krankenversicherung und der Bescheid erfolgte im August 2017. Somit hatte Herr Günter ab September 2017 wieder geringere Versicherungsbeiträge zu zahlen und zwar auf der Basis des Einkommens von 30.000 Euro.
Das neue Verfahren der Krankenkassen ab dem 01. Januar 2018
Seit Januar 2018 beträgt die Beitragsbemessungsgrenze für den Krankenversicherungsbetrag von Selbstständigen und freiwillig Versicherten 4.425 Euro monatlich bzw. 53.100 Euro im Jahr. Liegt der Gewinn eines Selbstständigen oder eines Freiberuflers unter dieser Grenze, erfolgt die Beitragsbemessung auf der Grundlage des tatsächlich erzielten vorjährigen Gewinns. Hierzu bedarf es einer Vorlage des Einkommensteuerbescheids bei der entsprechenden Krankenkasse.
Eine endgültige Festsetzung der Versicherungsbeiträge erfolgt aber erst mit dem nächsten Steuerbescheid, d.h. waren die Vorauszahlungen an die Krankenkasse zu hoch angesetzt, bekommt der Freiberufler Geld von seiner Versicherung zurück; waren die bereits gezahlten Beiträge zu niedrig angesetzt, erfolgt eine Nachforderung der Krankenkasse, sprich: der Versicherungsnehmer hat Nachzahlungen zu leisten.
Hinweis: Auch bei geringen Einkommen wird ein Mindestbetrag zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben und zwar in Höhe von 377,85 Euro. Dieser Wert umfasst keinen Krankengeldanspruch und kann in Härtefällen reduziert werden.
Ein Beispiel:
Herr Günter erzielte 2017 einen Gewinn in Höhe von 30.000 Euro. Er hat vor, die Erklärung im September 2018 einzureichen. Für das Jahr 2018 rechnet er wiederum mit einem höheren Gewinn (40.000). Seit dem 01. Januar 2018 werden die Beiträge für die GKV auf Basis des letzten Einkommensteuerbescheids festgesetzt. Im Falle von Herrn Günter sind das 30.000 Euro (aus dem Jahr 2016).
Sollte er planungsgemäß einen Gewinn von 40.000 Euro erreichen, wird die Krankenversicherung auf der Basis der Einkommensteuer 2018 die entsprechenden Beiträge nachfordern. Sollte Herr Günter im Jahr 2018 wider Erwarten lediglich einen Gewinn von 25.000 Euro erzielen, wird er hingegen Geld zurückbekommen.
Ein weiteres Beispiel:
Ein selbstständig tätiger Grafikdesigner hat im Jahr 2016 einen Gewinn von 30.000 Euro erzielt. Der Steuerbescheid erfolgt am 30.09.2017. Im Folgejahr betrug der Gewinn 48.000 Euro (Steuerbescheid am 05.11.2018) und in 2018 beläuft sich das Einkommen auf 44.000 Euro (Steuerbescheid 03.02.2020). Ab dem 01. Januar 2018 hat der Grafikdesigner Vorauszahlungen auf der Basis des Gewinns aus 2016 zu leisten. Da der Steuerbescheid für 2017 im November des Jahres 2018 bekanntgegeben wird, sind ab Dezember 2018 höhere Vorauszahlungen zu leisten (auf Basis des Einkommens von 48.000 Euro). Sobald der ESt-Bescheid für das Jahr 2018 erfolgt (2020), werden die Beträge auf Basis des tatsächlichen Gewinns endgültig festgesetzt und der Grafikdesigner hat entsprechende Nachzahlungen zu leisten (auf Basis des Einkommens von 44.000 Euro). Darüber hinaus werden die Vorauszahlungen für das Folgejahr angepasst.
Allgemeine Schlussfolgerungen
Ein steigender Gewinn bedeutet also höhere Beiträge bzw. Beitragsnachforderungen durch die Krankenkasse. Diese sollten unbedingt in die Planung einbezogen werden, d.h. man sollte Rücklagen bilden, um den Nachforderungen der Krankenversicherung nachkommen zu können. Bei einem sinkenden Einkommen erwartet den Selbstständigen zwar eine Erstattung, allerdings muss man hierbei den Mindestbetrag beachten, der seit Januar 2018 auf der Basis von 27.402 Euro ermittelt wird. Selbst wenn der Gewinn nicht diese Höhe erreicht, dient dieser Mindestwert als Bemessungsgrundlage und zwar vollkommen unabhängig vom tatsächlich erzielten Gewinn. Es besteht aber die Möglichkeit von Härtefallregelungen.
Das muss unbedingt beachtet werden
Die Neuregelung für die Krankenversicherung für Selbstständige besagt, dass der Einkommensteuerbescheid der Krankenkasse innerhalb von drei Jahren vorgelegt werden muss. Der Nachweis für das Kalenderjahr 2018 ist demnach bis Ende 2021 zu leisten. Kommt der Versicherungsnehmer dieser Pflicht nicht nach, erfolgt die Bemessung auf der Beitragsgrenze von 53.100 Euro!
Gut zu wissen: Das neue Verfahren für die Bemessung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge wurde mit dem HHGV (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz) beschlossen.
Neue Beiträge 2018 – Ausblick und Kritik
Die Änderung bei der freiwilligen Krankenversicherung 2018 ist generell zu begrüßen. Die Beiträge richten sich nun nicht mehr nach dem Einkommen der Vorjahre, sondern nach dem tatsächlich erzielten Gewinn im betreffenden Kalenderjahr. Das gewährleistet Planungssicherheit. Auf der anderen Seite müssen freiwillig Versicherte mit steigendem Einkommen Rücklagen bilden, um zukünftigen Forderungen der Krankenkasse nachkommen zu können. Das erfordert ein gewisses Maß an Selbstdisziplin. Schließlich dürfen die Rücklagen über einen längeren Zeitraum nicht angerührt werden.
Darüber hinaus wird das Verfahren allgemein ein wenig umständlicher, denn nach der vorläufigen Festsetzung erfolgt eine Neuberechnung der Beträge, welche anschließend erstattet bzw. nachgefordert werden müssen. Als besonders kritisch muss der hohe Mindestbeitrag erachtet werden. Dieser kann auf langfristige Sicht dazu führen, dass Beitragserstattungen zugunsten der Versicherten eher die Ausnahme sind. Über eine Gleichstellung mit pflichtversicherten Arbeitnehmern wird bereits diskutiert. Diese haben keinen solchen Mindestbeitrag zu entrichten.
Zusätzliche Hürde für Existenzgründer: Die neue Regelung ist alles andere als vorteilhaft für diejenigen, die ein Unternehmen aufbauen wollen. Jeder, der weniger als 2.132 Euro im Monat verdient, zahlt den überhöhten Mindestbetrag, d.h. erst ab diesem Umsatz richtet sich der Krankenversicherungsbeitrag nach dem tatsächlichen Einkommen.
Bildnachweise: Geldscheine und Gesundheitskarte: © Stockfotos-MG: Fotolia.com, Strichfiguren: © strichfiguren.de - Fotolia.com, Checkliste mit Haken: © jannoon028 - Fotolia.com