433 Abgeordnete des Bundestags stimmten am 27.03.2015 für die Pkw-Maut. 128 Parlamentarier stimmten dagegen und 6 enthielten sich. Die Infrastrukturabgabe scheint also beschlossene Sache. Und doch könnte alles noch kippen. Der Bund der Steuerzahler warnt inzwischen vor Zusatzbelastungen für Autofahrer und hohen Bürokratiekosten.
Berlin, 27. März 2015 – 2013 hat Angela Merkel noch behauptet: „Mit mir wird es keine Maut geben“. Jetzt sollen allerdings ab 2016 alle Autofahrer in Deutschland für Autobahnen und Bundesstraßen eine Infrastrukturabgabe entrichten. Für Ausländer gilt die Gebühr nur auf Autobahnen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt rechnet nach Abzug der Kosten mit Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro jährlich. Diese sollen als Investitionen für Infrastrukturprojekte genutzt werden.
Damit Inländer jedoch nicht zusätzlich belastet werden, soll im Gegenzug die Kfz-Steuer gesenkt werden. In der Praxis soll das so aussehen:
Die Höhe der Maut hängt von der Schadstoffklasse und der Motorbauart im jeweiligen Fahrzeug ab. Für einen Pkw mit einem 1,4 Liter großen Benzinmotor, der Euro 5 erfüllt, wäre beispielsweise eine Jahresmaut von 28,00 Euro fällig. Die Kfz-Steuer wird entsprechend um diesen Betrag gesenkt.
Kritiker äußern Bedenken
Der Bund der Steuerzahler gibt allerdings folgendes zu bedenken: „Da jedoch die Maut und die Entlastung nicht gesetzlich miteinander verknüpft sind, besteht die Gefahr, dass künftige Erhöhungen der Pkw-Maut nicht durch entsprechende Senkungen der Kfz-Steuer ausgeglichen werden.“. Der Präsident des BdSt Holznagel fordert daher, dass die Zusage der Bundesregierung, die Autofahrer finanziell nicht zusätzlich zu belasten, auch Bestand haben muss.
Ob die Pkw-Maut tatsächlich mehr Einnahmen für das deutsche Straßennetz bringen wird, bleibt abzuwarten. Ein Blick auf die Vergangenheit ist ernüchternd. So beliefen sich die Einnahmen der Lkw-Maut von 2005 bis 2013 auf 35 Milliarden Euro für den Bund. Allerdings stieg der Verkehrsetat im selben Zeitraum nur um 0,3 Milliarden Euro an.
Interessant sind auch die verschiedenen Kalkulationen der Einnahmenhöhe. Während Alexander Dobrindt von Einnahmen in Höhe von 700 Millionen Euro ausgeht, rechnet der ADAC lediglich 300 Millionen Euro vor. Zieht man davon noch die Kosten ab, bleibt so gut wie nichts übrig oder es entwickelt sich sogar zu einem Verlustgeschäft. Vielen unabhängigen Experten ist auch völlig unklar, wie der Verkehrsminister auf eine derart hohe Schätzung kommt. Auf Anfrage der ZEIT, antwortet das Ministerium nur ausweichend und nichtssagend.
Vermutlich beruhen die Daten auf einer Studie des privaten Mautbetreibers Ages, bei der man auf ungefähr diese Schätzungen kommt. „Die Ages ist einer der ganz wenigen Anbieter, die ein elektronisches Vignettensystem in Deutschland umsetzen könnten.“, so die ZEIT Online. Das Unternehmen, hat offensichtlich großes Eigeninteresse daran, dass die Pkw-Maut auch in Deutschland eingeführt wird.
EU könnte Gesetz noch kippen
Das EU-Recht untersagt eine Benachteiligung von Ausländern. Die EU-Verkehrskommissarin ist daher der Ansicht, dass das Gesetz „auf einen Bruch des fundamentalen Vertragsprinzips der Nicht-Diskriminierung hinauslaufen“ werde. Dobrindt hält im Bundestag dagegen: „Sie ist europakonform, glauben Sie es endlich! Wir sorgen für Gerechtigkeit bei der Finanzierung unserer Straßen“.
Die EU-Kommission wird das Gesetz auf seine Rechtmäßigkeit untersuchen, sobald es angenommen und offiziell in Kraft getreten ist. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die EU daher das Maut-Gesetz noch kippen könnte.
Wäre es denn auch anders gegangen? Gemäß dem Handelsblatt, würde eine Erhöhung der Mineralölsteuer um 1 Cent zu Einnahmen in Höhe von 400 bis 600 Millionen Euro jährlich führen. Wahrscheinlich auch nicht geräuschlos, allerdings ohne Bundestagsdebatten und rechtliche Unsicherheiten.
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