Der BWL-Bote faßt an dieser Stelle zusammen, was der Schnüffelstaat ab April alles an neuen Kontrollmöglichkeiten, Spionage- und Ermittlungsbefugnissen gegen seine Bürger bereithält.
Nun da am 31. März die Steueramnestie endet, treten eine Zahl von Neuregelungen in Kraft, die schon 2003 mit dem zynisch als „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ bezeichneten Regelwerk eingeführt wurden, die seither aber etwas in Vergessenheit geraten sind – was gewiß nicht zufällig sein dürfte.
Die neue Personenkennziffer
Schon 2002 berichteten wir über die Einführung einer bundeseinheitlichen Steuernummer, die nunmehr in die Tat umgesetzt wird. Das „einheitliche Identifikationsmerkmal“, das schon seit 2004 in den §§139ff AO geregelt ist, wird allen „wirtschaftlich Tätigen“ zugeteilt und sorgt oberflächlich betrachtet für eine Verbesserung des „Services“ der Finanzämter, bewirkt tatsächlich aber, und das dürfte die wahre Intention sein, durch Vereinheitlichung eine bessere Kontroll- und Überwachungsinfrastruktur. Faktisch wird hier also eine Personenkennziffer eingeführt – wie einst in der DDR, oder auch wie gegenwärtig in den USA üblich.
Kontenspionage nach §24c KWG
Inzwischen weithin bekannt ist, daß gemäß §24c Kreditwesengesetz (KWG) ab 1. April eine Vielzahl von Behörden Kontendaten über jedermann in einem automatisierten Verfahren abrufen dürfen. Zentrale Stelle hierfür sind die Finanzbehörden (§93 Abs. 7 AO). Auch hierüber berichteten wir schon vor fast einem Jahr und wurden damals noch von einem Leser als „Verschwörungstheoretiker“ beschimpft. Diesem Leser dürfte inzwischen das Lachen im Halse steckengeblieben sein, denn die Regelung des §24c KWG richtete sich eigentlich gegen die Konten von Terrororganisationen, wird nunmehr aber, da man die Gelder des Osama bin Laden auf diesem Wege wohl doch nicht finden konnte, praktischerweise gegen alle angewandt. Da die Kontenabfrage automatisch und ohne Wissen der Banken oder Bankkunden geschieht, haben wir sie jetzt also, die damals prophezeite Steuerprüfung per Suchmaschine. Ob Bankkunden nach vollendeter Kontenspionage doch informiert werden sollen, ist indes noch nicht ganz ausgegoren. Eilanträge an das Bundesverfassungsgericht sind jedenfalls vor wenigen Tagen erwartungsgemäß gescheitert.
Fluchtgelder finden per ZIV
Auch die Verlagerung der Altersvorsorge ins Ausland nützt nichts, denn der Europäische Rat hat am 03.06.2003 die EU-Richtlinie zur Einführung einer einheitlichen Zinsbesteuerung in den EU-Mitgliedstaaten verabschiedet. Danach folgten 22 EU-Staaten – darunter auch Deutschland – dem Informationsmodell, nach dem ab 01.7.2005 bei einer Kapitalanlage im Ausland die Heimatländer der auswärtigen Sparer über deren Kapitalerträge informiert werden. Zur Umsetzung der Richtlinie hat Deutschland in § 45e EStG eine Ermächtigungsnorm der Bundesregierung zum Erlaß einer Rechtsverordnung erschaffen. Von dieser eingeräumten Ermächtigung hat die Bundesregierung mit der sogenannten „Zinsinformationsverordnung“ (ZIV) Gebrauch gemacht (BGBl 2004 I S. 128). Während diese Regelung nur die (wenigen) Ausländer trifft, die in Deutschland Gelder anlegen, ist die Sicherheit deutscher Steuerflüchtlinge in Österreich, Belgien und Luxemburg eher trügerisch, denn diese Länder liefern zwar derzeit noch keine Zinsdaten, aber das kann sich jederzeit ändern.
Die offenbare Altersvorsorge
Seit dem 1. Januar ist das sogenannte Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) in Kraft, das u.a. den Ertragsanteil der Renten neu regelt. Viel weniger bekannt ist, daß durch dieses Gesetz auch alle Rentenversicherungen und Versorgungseinrichtungen die Daten ihrer Kunden, u.a. Bezugshöhe, Dauer und Art der Rente unter Angabe der Personenkennziffer an eine „zentrale Stelle“ (bei der BfA) melden müssen (§22a EStG). Die Finanzämter haben damit auch für lang zurückliegende Zeiträume ungeahnte Kontrollmöglichkeiten, was die doch eher zahlreichen Rentner, die in den vergangenen Jahren ihre Einkünfte nicht angegeben haben, demnächst zu Zielscheiben der Finanzämter machen dürfte.
Neue Offenlegung bei Spekulationseinkünften
Im wesentlichen Kreditinstitute, aber auch z.B. Finanzdienstleister, die nach §45 a EStG zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen berechtigt sind, sind ab dem Veranlagungszeitraum 2004 verpflichtet, dem Gläubiger der Kapitalerträge oder dem Hinterleger der Wertpapiere für alle bei ihnen geführten Wertpapierdepots und Konten eine zusammenfassende Jahresbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster auszustellen, welche die für die Besteuerung nach §§20 und 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 EStG erforderlichen Angaben enthält (§24c EStG). Damit sind sämtliche Wertpapierdepots den Finanzbehörden zugänglich. Im Zusammenhang mit der oben dargestellten Kontenspionage und der neuen Personenkennziffer dürfte es kaum noch möglich sein, Kapitaleinkünfte am Fiskus vorbei zu erwirtschaften.
Ursache und Wirkung verwechselt
Wie so oft verwechselt Rot-Grün die Ursache mit der Wirkung. Nicht die Menschen sind im Prinzip unehrlich und potentielle Terroristen, sondern die Steuern sind viel zu hoch. Daß die Menschen der Kleptokratie auszuweichen suchen, ist daher zwar de jure illegal aber dennoch nicht unmoralisch, sondern nur verständlich. Anstatt weitere (und kostspielige und bürokratische) neue Kontroll- und Überwachungsmittel einzuführen, wäre eine drastische Steuersenkung und -vereinfachung ein viel wirksameres Werkzeug. Das sieht man aber selbst bei der derzeitigen Wirtschafts- und Sozialkrise noch immer nicht ein.
Wir haben es verdient
Jedes Land hat aber das Steuer- und Sozialrecht, das es verdient hat. Auch hier spiegeln die Schnüffelvorschriften den Zustand der Gesellschaft, nämlich durch Geld abgesichert zu sein, wie es schon seit bald einem Jahrhundert in Deutschland üblich ist. Das unendliche Vertrauen der Deutschen in Sozial- und Zwangsversicherungen aller Art macht die nunmehr beginnende flächendeckende Kontrolle erst möglich, offenbart aber zugleich, daß wer sich auf ein kollektives System verläßt, bald selbst verlassen ist. Die Schwäche und Unmündigkeit, zu der der deutsche Michel erzogen wird, hat die Monster der Zwangsversicherungssysteme erst erschaffen, und das von Kindesbeinen an trainierte Vertrauen in die öffentlichen Zwangswohltaten hat das Volk in diesen leicht gängelbaren und leicht regierbaren Zustand manövriert.
Bargeld, Freigeld, Staatsfreiheit
Vielleicht bringen gläserne Konten und transparente Taschen aber auch dem Deutschen einen Hauch von Freiheit, und das würde zunächst die Rückkehr zur Bargeldwirtschaft bedeuten: ein dickes Bündel Banknoten unterm Kopfkissen kann vor jedem Hartz-IV-Kontrolleur in Sicherheit gebracht werden, ein gutgefülltes Depot hingegen nicht. Auch die diversen Freigeldexperimente, die bisher ein Mauerblümchendasein führen, könnten bald viel interessanter sein, denn sie sind- bisher, staats- und steuerfrei, also deutsch, demokratisch und republikanisch im echten Wortsinne. Silvio Gesell, von Kritikern derzeit eher belächelt, könnte daher am Anfang eines wirklichen Weges in die Anarchie stehen – was aber genau auch die Vorhersage der makroökonomischen Beschäftigungstheorie ist, denn zieht man die Schwarzarbeiter von den Arbeitslosen ab, so haben wir fast Vollbeschäftigung. Auch dieses „Problem“ konnte man mit erweiterten Kontroll- und Erzwingungsbefugnissen nicht in den Griff kriegen. Ebensowenig wird man mit der „Steuerhinterziehung“ fertig. Das einzige, was man mit diesem Instrumentarium erledigen könnte, sind weitere Jobs und Existenzen, nämlich all jene, die nicht in neue Formen der Wirtschaft oder in das Ausland ausweichen können. In diesem Sinne wünscht der BWL-Bote frohe Ostern…