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Neue Regeln für Umsatzsteuer – bei elektronischen Dienstleistungen

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 21. März 2017

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Seit dem 1. Januar 2015 müssen Unternehmen, die innerhalb der EU elektronische Dienstleistungen an Verbraucher erbringen, die Umsatzsteuer des jeweiligen Mitgliedstaates des Endverbrauchers angeben und die Steuer auch dort abführen.

Nürnberg, 11. März 2015 – Eigentlich ist es dem Buchhändler Felix K. ganz egal, wo die Leser sitzen und ihre Romane und Sachbücher verschlingen. Aber ganz so einfach macht es ihm der Fiskus nicht – zumindest nicht bei allen Büchern. Das hängt damit zusammen, dass der Buchhändler über das Internet E-Books und andere Downloads anbietet, die seine Kunden online bezahlen. Zu den Internet-Kunden von Felix K. gehören auch treue Stammkunden im Ausland, zum Beispiel im nahen Österreich oder auf der Ferieninsel Mallorca.

Bisher wurden alle auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen an private Kunden innerhalb der Europäischen Union in dem Staat mit Umsatzsteuer belegt, in dem das Unternehmen ansässig ist, das die Dienstleistung erbringt. Dies galt zum Beispiel auch für die großen Anbieter von Musik, E-Books, Apps und Filmen zum Download im Internet. Doch seit Anfang 2015 muss der Anbieter, also auch Buchhändler K., die Umsatzsteuer in dem Land abführen, in dem die Leistungsempfänger ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unterhalten. Bei seinen Kunden sind das also Österreich, der Steuersatz beträgt dort 20 Prozent, und Spanien mit einem Steuersatz von 21 Prozent.

Aber was bedeutet das – und vor allem, was soll das?

„Hintergrund der Neuregelung sind eine EU-Richtlinie und eine EU-Durchführungsverordnung, durch die das Ausweichen von Unternehmen in Länder mit einem besonders günstigen Umsatzsteuersatz vermieden werden soll“, erklärt Hans Link, Präsident der Rechtsanwaltskammer Nürnberg. Ziel der Gesetzesänderungen ist nach seiner Meinung die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen und mehr Steuergerechtigkeit innerhalb der EU.

Betroffen sind allerdings längst nicht alle Leistungen, die in der EU erbracht werden. Den neuen Steuerregeln unterliegen lediglich Leistungen, die in der Regel automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung über ein Datennetz erbracht werden. So sind Verträge ausschließlich zwischen Unternehmen (also der B2B-Bereich) nicht betroffen. Auch für alle Online-Shops, die physische Ware „ganz normal“ versenden, ändert sich nichts. Um die Bücher, die seine Auslands-Kunden bestellen und sich per Post oder Kurierdienst nach Österreich oder Spanien schicken lassen, muss sich Buchhändler K. jedenfalls keine neuen Umsatzsteuergedanken machen.

Alle Dienstleistungen, die lediglich per Internet übertragen werden, also zum Beispiel eine neue Empfehlung des Vermögensberaters oder der Gestaltungsentwurf des Innenarchitekten, gelten nicht als elektronisch erbrachte Dienstleistungen.

Onlinehändler allerdings, die per Internet ihre Dienstleistungen bereitstellen, also zum Beispiel Software (Apps) und deren Aktualisierung, Bilder, Musik oder Texte zur Onlinenutzung und zum Download, Datenbanken oder ganze Websites, müssen sich auf die neuen Steuerregeln einstellen. Auch Onlinespiele, die Fernwartung von Programmen oder Fernunterricht mittels Onlinematerialien gehören dazu.

„Für Onlinehändler haben diese Änderungen erhebliche Auswirkungen“, sagt Manfred Dehler, Präsident der Steuerberaterkammer Nürnberg: „Der Verwaltungsaufwand ist enorm. Die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze müssen berechnet und im Shop angezeigt werden. Zusätzlich müssen die landesspezifischen Anforderungen bei der Rechnungsstellung beachtet werden. Keinesfalls darf lediglich der Nettopreis ohne Umsatzsteuer angegeben werden.“

Und dann muss die fällige Umsatzsteuer auch noch gezahlt werden. Theoretisch ist es möglich, dass ein deutscher Anbieter wie Buchhändler K. in allen 28 Mitgliedsstaaten der EU seiner Meldepflicht nachkommen muss. Und dabei gilt natürlich ausländisches Steuerrecht. Dieter Kempf, Vorstandschef der Steuerberatergenossenschaft DATEV, warnt: „Viele Staaten sind dabei sehr viel strenger als Deutschland, was Strafen oder Zuschläge für zu niedrig oder zu spät gemeldete oder gezahlte Umsatzsteuer angeht. Diese Strafen können höher als die Umsatzsteuer selbst sein, und in der EU können sie über Amtshilfe grundsätzlich in Deutschland eingetrieben werden.“

Zwar kann die Umsatzsteuer im jeweiligen Land direkt abgeführt werden, aber dazu müsste sich das deutsche Unternehmen bei den dortigen Finanzbehörden registrieren lassen. Die Anforderungen an die jeweiligen Rechnungen und Belege variieren allerdings von Land zu Land, müssen aber eingehalten werden. Alternativ ist die Nutzung des sogenannten Mini-One-Stop-Shop Verfahrens (MOSS) möglich. Das Verfahren hat den Vorteil, dass sich Unternehmen nur einmalig beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anmelden müssen, das dann die Umsatzsteuer an das Empfängerland abführt.

Dafür wurde extra ein vereinfachtes Besteuerungsverfahren eingeführt (§ 18 h UStG). Hat der Unternehmer sich für dieses Verfahren angemeldet, dann gilt diese Anmeldung für seine elektronischen Leistungen an Privatpersonen in allen EU-Ländern, in denen der Unternehmer weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte hat. An die Abgabe- und Zahlungsfristen müssen sich die Unternehmen selbstverständlich penibel halten, denn das BZSt kann den Unternehmer vom Verfahren ausschließen, wenn er seinen Aufzeichnungs- und Abgabeverpflichtungen nicht nachkommt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Unternehmer seine Umsatzsteuererklärungen wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig an das BZSt übermittelt.

Steuerberater Dehler: „Wichtig ist also, die Abgabefrist bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums einzuhalten. Die Abgabe ist aber auch dann erforderlich, wenn im Besteuerungszeitraum keine Umsätze auf elektronischem Weg in anderen EU-Ländern ausgeführt worden sind.“

Die Reihe „Ratgeber Steuer & Recht“ ist ein Angebot der Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern Nürnberg sowie der DATEV eG.


Bildnachweise: © VadimGuzhva/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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