Rot-Grün kurzte einst die Abschreibungsmöglichkeiten, sowohl durch Verlängerung der steuerlich vorgeschriebenen Nutzungszeiten (gemäß AfA-Tabellen) als auch durch Senkung der maximal zulässigen degressiven AfA nach §7 Abs. 2 Satz 2 EStG. Das war ein Fehler, und Rot-Schwarz scheint das eingesehen zu haben – denn jetzt will man offenbar den bis Veranlagungszeitraum 2000 geltenden Zustand wieder herstellen, wenngleich auch nur vorübergehend: für die Jahre 2006 und 2007.
Die degressive steuerliche Abschreibung (AfA, „Absetzung für Abnutzung“) wird dabei auf den Restwert des abzuschreibenden Gegenstandes bemessen und erbringt zu Anfang eine höhere, gegen Ende der Nutzungsdauer aber eine geringere jährliche Wertminderung und damit steuerlich relevante Gewinnminderung als die lineare Abschreibung. Die degressive AfA ist damit eine vorgezogene Steuerersparnis und insofern ein Investitionsargument als mit der Investition eine Minderung der Ertragsteuer einheitgeht.
Die Höhe der degressiven AfA ist folgendermaßen definiert:
Regel über die Höhe der degressiven AfA | Bis 2000 | 2001 bis 2005 | 2006 und 2007 | 2008 | 2009 und 2010 | ab 2011 |
Relative Obergrenze | 3 x lineare AfA | 2 x lineare AfA | 3 x lineare AfA | für neu angeschaffte Güter abgeschafft | 2,5 x lineare AfA | für neu angeschaffte Güter abgeschafft |
Absolute Obergrenze | 30% | 20% | 30% | 25% |
Steigt die maximal zulässige degressive AfA aber auf das Dreifache der linearen AfA und maximal 30%, wie jetzt offenbar rückwirkend noch für 2006 sowie für 2007 geplant, so kann der Steuerpflichtige im ersten Jahr im Beispiel 3.000 statt bisher 2.000 Euro abschreiben (rechte Tabelle). Er realisiert im Vergleich zur linearen AfA damit nicht wie bisher 1.000, sondern jetzt 2.000 Euro mehr Wertminderung, was bei einem Steuersatz von 42% einer Steuerersparnis von 840 Euro entspricht. Im Beispiel wird übrigens erst im 8. Jahr auf die lineare Methode gewechselt – weshalb, wollen wir in diesem Artikel nicht näher untersuchen.
Der Vorteil der degressiven AfA wirkt sich nicht bei Gegenständen mit kurzer Nutzungsdauer aus: ein Computer mit drei Jahren Nutzungsdauer wird nach wie vor mit je weinem Drittel linear abgeschrieben. Die degressive AfA kommt gar nicht in Frage. Sie wirkt sich also eher bei industriemaschinen mit Nutzungsdauern zwischen acht und ca. 20 Jahren aus. Die jetzt offenbar beschlossene Lockerung der AfA-Regelungen soll also als Investitionsanreiz dienen. Ob sie dieser Erwartung auch gerecht wird, bleibt abzuwarten.
Übrigens ist die Anwendung der linearen oder degressiven AfA-Methode zwar in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt, aber dieser sollte sich nicht nur vom zweifellos berechtigten Motiv der Steuervermeidung leiten lassen: gerade Existenzgründerdarlehen sind oft am Anfang der Kreditlaufzeit tilgungsfrei. Erst nach einigen Jahren beginnen die Tilgungsraten – wenn die anfänglich steuersparende degressive AfA-Methode keinen Steuerspareffekt mehr erbringt, also u.U. höhere Steuerzahlungen fällig werden, die zusammen mit den Tilgungen die Liquidität erheblich belasten. Ein wenig Weitsicht bei der steuerlichen Strategie schadet also nicht, auch nicht jetzt, da das Regime plötzlich eine steuerrechtliche Rolle rückwärts macht.
Ach ja: die degressive Gebäudeabschreibung (§7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c) EStG) wurde gerade von Frau Merkel gänzlich abgeschafft. Von einer einheitlichen Linie oder gar einer grundsätzlichen Wende in der Steuerpolitik kann also keine Rede sein.
Quellen: gruenderlexikon.de
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