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Umsatzsteuererhöhung beschlossen: die wirtschaftspolitische Unvernunft siegt

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 28. Januar 2022

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

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Das Bundeskabinett hat heute die Umsatzsteuererhöhung von 16% auf 19% beschlossen. Mit einer Zustimmung der Länder ist zu rechnen. Die größte Steuererhöhung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist damit wohl endgültig, und mit ihr vielleicht der größte Schaden, den das Land seit dem Zweiten Weltkrieg genommen hat. „Nur drei Prozent“ sind in Wirklichkeit 18,75%, denn es geht nicht um drei Prozent, sondern um drei Prozentpunkte, und wer das nicht auseinanderhält, kann keine Prozentrechnung. Diesbezügliche Unkenntnis hilft derzeit aber, die Nerven zu beruhigen, denn die Folgen dieser massiven Schatzhebung können heftig sein: bei einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro pro Monat würden derzeit bei 16% Umsatzsteuer 275,86 Euro pro Monat Umsatzsteuer gezahlt, bei 19% hingegen 319,33 Euro – eine Steuererhöhung von 43,47 Euro pro Monat oder 521,59 Euro pro Jahr (wir haben den ermäßigten Steuersatz von 7% und steuerfreie Ausgaben hier mal nicht berücksichtigt). Und das trifft besonders Familien, die hohe (umsatzsteuerpflichtige) Konsumausgaben haben, und Geringverdiener: ein 400-Euro-Jobber beispielsweise verliert durch die Steuererhöhung 8,69 Euro pro Monat oder 104,32 Euro pro Jahr, und das tut ihm viel mehr weh als dem Wohlstandsbürger. Und über die Auswirkungen der Umsatzsteuererhöhung auf den Ein-Euro-Bundesarbeitsdienstjobber wollen wir gar nicht erst nachdenken.

Und der Schaden könnte noch größer sein, denn die Preise werden jetzt schon erhöht – und nicht „nur“ um den Betrag der Steuer: kostete ein Gut mit 16% Umsatzsteuer 9,99 Euro (8,61 Euro netto plus 1,38 Euro Steuer), also einen sogenannten „Signalpreis“, so müßte es mit 19% Umsatzsteuer eigentlich 10,25 Euro kosten – wird aber in aller Regel wohl auf einen neuen Signalpreis wie etwa 10,99 Euro oder noch darüber heraufgesetzt. Kein Wunder also, daß sich der Handel über die Merkelsteuer freut. Freilich hat man auch dazugelernt – und nimmt die Preiserhöhungen schon lange vor der Steuererhöhung schleichend und unauffällig vor. Den Fehler einer schlagartigen und damit wahrnehmbaren Preiserhöhung wie einst bei der Teuro-Einführung in 2002 will der Handel nicht wiederholen – und verdient auch noch daran.

Nicht nur Hartz-IV-Haushalte ahnen, daß die schon bestehende Armut sich ab 2007 nicht gerade entschärfen dürfte, und die Binnennachfrage ist aber jetzt schon das Sorgenkind der Konjunkturpolitiker. Und die nebenstehende Laffer-Kurve zeigt, daß man mit einer Steuererhöhung keineswegs notwendigerweise auch die Staatseinnahmen erhöht, denn der Rückgang der Nachfrage könnte höher sein als die Steuermehreinnahmen. Doch was jeder Erstsemesterstudent wissen sollte, hat sich in Berlin noch nicht herumgesprochen. Dort baut man eher auf Strohfeuereffekte wie etwa die zu erwartende kurzfristige Nachfragebelebung vor Ende 2006 durch zur Steuervermeidung vorgezogene Ausgaben. Das wird Angela Merkel als „ihren“ Aufschwung verkaufen.

Auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt dürften nicht gerade vorteilhaft sein, denn noch mehr Handwerker und ihre Kunden dürften versuchen, die Steuer ganz zu vermeiden, und das ist nicht so schwer – verzichtet man auf eine Rechnung. Da man aber offensichtlich das derzeitige zwangsumlagenfinanzierte Sozialsystem dem Grunde nach beibehalten will, sollte man die nicht nur steuer-, sondern auch abgabenfreie Schwarzarbeit nicht noch mutwillig fördern. Die in Aussicht gestellte bessere Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen in Privathaushalten dürfte dabei kaum ein wesenticher Anreiz zur Steuerehrlichkeit sein.

Dabei hat man uns die weiteren Grausamkeiten, die sogar schon im Bundesgesetzblatt stehen, noch gar nicht bewußt gemacht: Maut für alle Fahrzeuge auf allen Straßen beispielsweise, und Energierationierung für Heizungsanlagen. Es kommt also noch schlimmer, und das vermutlich schon in 2008. Darüber aber, was der Unterschied zwischen einer Regierung und einer Telefonzelle ist, mag heute (noch) keinr nachdenken: hat man sich am Telefon verwählt, kann man aufhängen und neu wählen.

Quellen:

Bildnachweise: © rcfotostock/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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