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Unternehmensteuerreform 2008: Neue Berechnungsmethode für die Gewerbesteuer

Von Lars E.

Letzte Aktualisierung am: 20. März 2017

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

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Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 wird auch die Gewerbesteuer verändert, doch von den anfänglichen Plänen einer tiefgreifenden Totalreform dieser Steuer ist nicht viel übrig geblieben.

 Aber auch das Reförmchen bringt eine Steuerentlastung für Personen- wie für Kapitalgesellschaften, die den Standort Deutschland wieder interessanter machen soll.

Die Änderungen liegen vielmehr im Detail. So sind die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen nach §8 GewStG ausgeweitet aber zugleich mit einer Mindestgrenze versehen worden. Nur was diese Mindestgrenze i.H.v. 100.000 Euro übersteigt, wird tatsächlich auch hinzugerechnet. Dies entlastet kleinere und mittelständische Unternehmen. Auffallendste Änderung ist aber die Abschaffung der bisherigen Staffelrechnung bei der Ermittlung der Steuermeßzahl bei Personengesellschaften. Dafür ist die Steuermeßzahl jetzt für alle 3,5%. Das erbringt eine Steuerentlastung für Kapital- wie für Personengesellschaften, wie das folgende Beispiel zeigt:

Beispiel: Ein gewerblicher Einzelunternehmer (eingetragener Kaufmann) erwirtschafte im Kalenderjahr 2007 einen Gewerbeertrag i.H.v. 70.000 Euro. Er zahlt jährlich 4.000 Euro Darlehenszinsen an die Bank und 1.000 Euro einer Rentenschuld. Für sein Auslieferungsfahrzeug wird eine jährliche Leasinggebühr i.H.v. 10.000 Euro berechnet und für seine Geschäftsräume zahlt der Kaufmann 60.000 Euro pro Jahr Miete an eine Immobilienverwaltungsgesellschaft. Schließlich werden pro Jahr 20.000 Euro Franchise-Lizenzgebühr an einen Franchisegeber fällig. Die Entnahmen vom Gewinn betragen 3.000 Euro pro Monat (für mehr reicht die stets knappe Liquidität nicht). Zudem besitzt der Beispielunternehmer eine eigene Lagerhalle, in der seine Waren lagern. Der Einheitswert dieser Immobilie betrage 150.000 Euro. Im Berichtsjahr hat er zudem 500 Euro an ein gemeinnütziges katholisches Kinderhilfswerk gespendet. Der gewerbesteuerliche Hebesatz der Gemeinde, in der der Musterunternehmer ansässig ist, betrage 420%. Wie hoch ist die Gewerbesteuerfestsetzung für 2007 und unter gleichen Ausgangsannahmen für 2008?

Bisheriges Berechnungsschema (2003 bis 2007):

 

Eingabe ZwSumme Endsumme
§7 Gewerbeertrag 70.000,00 € 70.000,00 €
§8 Hinzurechnungen
Nr. 1 (Schuldentgelte) 4.000,00 €  x 0,5 2.000,00 €
Nr. 2 (Renten, dauernde Lasten) 1.000,00 € 1.000,00 €
Nr. 4 (Gewinnanteile Vollhafter) 36.000,00 € 36.000,00 €
Nr. 7 (Miet- und Pachtzinsen außer Grundbesitz) 10.000,00 €  x 0,5 5.000,00 €
= Summe der Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag 44.000,00 € 44.000,00 €
§9 Kürzungen
Nr. 1 (Einheitswert des Grundbesitzes) 150.000,00 €  x 1,2% 1.800,00 €
Nr. 5 (Spenden) 500,00 € 500,00 €
= Summe der Kürzungen 2.300,00 € 2.300,00 €
§10 Maßgeblicher Gewerbeertrag 111.700,00 €
§11 ./. Freibeträge (Personengesellschaft, §11 Abs. 1 Nr. 1) 24.500,00 €
= Gekürzter Gewerbeertrag 87.200,00 €
Ermittlung der Steuermeßzahl
erste 12.000 Euro 1%  = 12.000,00 € 120,00 €
weitere 12.000 Euro 2%  = 12.000,00 € 240,00 €
weitere 12.000 Euro 3%  = 12.000,00 € 360,00 €
weitere 12.000 Euro 4%  = 12.000,00 € 480,00 €
alle weiteren Beträge 5%  = 39.200,00 € 1.960,00 €
§14 Steuermeßbetrag aufgrund Staffelrechnung insgesamt: 3.160,00 €
§16 Hebesatz 420% Steuerschuld: 13.272,00 €

Nehmen wir an, daß dieselben Ausgangszahlen der Fallstudie auch in 2008 anwendbar sind. Hier hat der Gesetzgeber insbesondere die Hinzurechnungen verändert, d.h. ausgeweitet. Nur der Anteil der Hinzurechnungen, der den Grenzwert i.H.v. 100.000 Euro übersteigt, wird aber auch wirklich hinzugerechnet – im vorliegenden Fall also nichts.

Weiterhin wurde die bisherige Staffelrechnung abgesbchafft, dafür aber eine einheitliche Steuermeßzahl eingeführt. Stieg bei Personengesellschaften die Steuermeßzahl bisher von 1% in Stufen zu 12.000 Euro auf 5% an (vgl. oben), so ist jetzt die Steuermeßzahl einheitlich 3,5% auf alle Gewerbeerträge, die den Freibetrag übersteigen. Insgesamt kommt im vorliegenden Fall aber eine deutlich niedrigere Steuerlast heraus:

Neues Berechnungsschema ab 2008 (Unternehmensteuerreform):

 

Eingabe ZwSumme Endsumme
§7 Gewerbeertrag 70.000,00 € 70.000,00 €
§8 Hinzurechnungen
Nr. 1a (Schuldentgelte) 4.000,00 € 4.000,00 €
Nr. 1b (Renten, dauernde Lasten) 1.000,00 € 1.000,00 €
Nr. 1d (Miet- und Pachtzinsen außer Grundbesitz) 10.000,00 €  x 20% 2.000,00 €
Nr. 1e (Miet- und Pachtzinsen vom Grundbesitz) 60.000,00 €  x 65%* 39.000,00 €
Nr. 1f (Lizenz- und Konzessionsgebühren) 20.000,00 €  x 25% 5.000,00 €
= Summe aus §8 Nr. 1 GewStG n.F. 51.000,00 €
Begrenzung (Kappungsgrenze) 100.000,00 €
Übersteigender Betrag 0,00 €
Davon ein Viertel (Nr. 1 der Vorschrift) 0,00 €
= Tatsächliche Hinzurechnung aus §8 Nr. 1 GewStG: 0,00 € 0,00 €
Nr. 4 (Gewinnanteile Vollhafter) 36.000,00 € 36.000,00 €
= Summe der sonstigen Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag 36.000,00 € 36.000,00 €
§9 Kürzungen
Nr. 1 (Einheitswert des Grundbesitzes) 150.000,00 €  x 1,2% 1.800,00 €
Nr. 5 (Spenden) 500,00 € 500,00 €
= Summe der Kürzungen des Gewerbeertrages 2.300,00 € 2.300,00 €
§10 Maßgeblicher Gewerbeertrag 103.700,00 €
§11 ./. Freibeträge (Personengesellschaft, §11 Abs. 1 Nr. 1) 24.500,00 €
= Gekürzter Gewerbeertrag 79.200,00 €
Steuermeßzahl (§11 Abs. 2 GewStG n.F.) 3,5%
§14 Steuermeßbetrag 2.772,00 €
§16 Hebesatz 420% Steuerschuld: 11.642,40 €

Die Steuerentlastung wäre im vorliegenden Fall für eine Kapitalgesellschaft übrigens weitaus größer: berechnet man das vorstehenden Beispiel für 2007 für eine GmbH, so wäre nur ein Freibetrag i.H.v. 3.900 Euro zu berücksichtigen (§11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG a.F.), so daß der gekürzte Gewerbeertrag 107.800 Euro betrüge. Auf diesen Wert wäre die einheitliche Steuermeßzahl von 5% anzuwenden, was zu einem Steuermeßbetrag i.H.v. 5.390 Euro und einer Steuerfestsetzung von 22.638 Euro führen würde. In 2008 wäre unter der Maßgabe des neuen Rechenschemas und des unveränderten Freibetrages i.H.v. 3.900 Euro der gekürzte Gewerbeertrag nur 99.800 Euro und bei einer neuen einheitlichen Steuermeßzahl von 3,5% wäre der Steuermeßbetrag nur 3.493 Euro. Bei einem Hebesatz i.H.v. 420% ergibt das eine Gewerbesteuerfestsetzung von 14.670 Euro, also ca. ein Drittel weniger als in 2007.

Während die beratenden Berufe noch vor Jahreswechsel die neuen Regeln in der Kommunikation mit ihren Mandanten anwenden müssen, haben die Dozenten noch etwas mehr Zeit. Hier gilt meist in der Prüfung das Recht des Zeitpunktes, zu dem eine Lehrveranstaltung begonnen hat. Dennoch sollte man auch in der lehre die neusten Regeln vermitteln – im Interesse der Teilnehmer ebenfalls möglichst schon vor Inkrafttreten der Neuregelung. Im Gewerbesteuerrechner auf der BWL CD sind daher beide Sachstände nachvollziehbar.

* [Update 11.11.2007] Der Bundestag hat letzte Woche das Jahressteuergesetz beschlossen. Dieses ändert die Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter aus §8 Nr. 1e) GewStG von ursprünglich 75% auf jetzt 65%. Diese Änderung wurde oben (und auf der BWL CD) bereits berücksichtigt.

[Update 30.11.2007] Es ist erstaunlich wie viele Leute Probleme mit der Integrpretation des neuen §8 GewStG haben. Wir haben zahlreiche Zuschriften, die einen Fehler behaupten; gleichwohl kann der immer wieder gerügte angebliche Fehler nicht festgestellt werden. Im neuen §8 GewStG steht nämlich klipp und klar: 1. Ein Viertel der Summe aus a) […] … f) […]soweit die Summe den Betrag von 100 000 Euro übersteigt. Man muß also 1. die Summe aus a) bis f) bilden, dann 2. den 100.000 EUR übersteigenden Betrag dieser Summe berechnen und 3. davon ein Viertel nehmen. So ist es hier und in der zugehörigen Excel-Datei (nur auf der BWL CD) gemacht. Dies ist kein Fehler und wird nicht verändert.

Quellen: Vorausschau auf die Unternehmensteuerreform 2008


Bildnachweise: © v.poth/Fotolia.com

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Über den Autor

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Lars E.

Lars schloss 2015 sein Studium in Betriebswirtschaftslehre ab. Anschließend absolvierte er ein Volontariat in einer kleinen Kölner Redaktion. Seit 2017 ist er fester Bestandteil des Redaktionsteams von betriebsausgabe.de. Hier kann er sein fachliches Wissen mit dem Anspruch, verständliche Texte rund ums Steuerrecht zu schreiben, miteinander kombinieren.

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