Wird eine sogenannte rechtliche Gestaltung gewählt und ist diese, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen, spricht man von einem Gestaltungsmissbrauch. Dieser trifft auch ein, ist die Gestaltung auf das Ziel ausgelegt, mit Absicht eine Steuerminderung zu sichern.
Allerdings liegt nicht immer automatisch ein Missbrauch vor, ist es Ziel der Gestaltung, Steuern zu sparen. So steht es Angehörigen frei, rechtliche Verhältnisse untereinander so zu gestalten, dass diese einen steuerlichen Vorteil bringen.
Sobald allerdings nachweisbar ist, dass die bestehende Gestaltung durch den Steuerpflichtigen dazu verwendet wurde, gesetzliche Vorgaben zu umgehen, um die eigenen wirtschaftlichen Ziele zu verbessern, kann dies als Missbrauch gelten.
Beispiel: BFH-Entscheidung zum Thema Zuwendungsnießbrauch
In einem Urteil vom 18.10.1990 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO vorliegt, sobald Eltern ihrem Kind für ein Grundstück unentgeltlich einen zeitlich befristeten Nießbrauch gewähren – und zwar dann, wenn das Kind das besagte Grundstück während dieser Zeit an die Eltern vermietet.
Finanzgericht Baden-Württemberg macht eine Ausnahme
Das FG Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 13.12.2016 entschieden, dass in einem solchen Fall kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Das genannte Grundstück wurde im betreffenden Fall von der Frau an ihren Mann vermietet. Dieser hat zu einem späteren Zeitpunkt das Grundstück seinem Kind überlassen, welches es anschließend an den Vater zurück vermietet hat. Obwohl das FG Baden-Württemberg berücksichtigt, dass dieses Vorgehen dazu geführt hat, eine Steuerminderung zu erwirken, geht es davon aus, dass dies lediglich getan wurde, um das Kind finanziell zu unterstützen. Weiterhin entschied das Gericht:
- Eltern können für die Gewährung von Unterhalt einem Kind Barmittel überlassen.
- Eltern können für den gleichen Zweck befristet eine Einkunftsquelle übertragen.
- Die zweite Variante führt dabei nicht dazu, dass die nachfolgende steuerliche Behandlung durch die rechtliche Gestaltung als unangemessen angesehen wird.
Womit ist dieses Urteil begründet?
Das erwirtschaftete Betriebsvermögen für das Grundstück ist während der befristeten Überlassung in vollem Umfang dem Kind zuzusprechen. Im behandelten Fall befand sich das Kind im Studium. Die Eltern haben sich dazu entschieden, eine finanzielle Unterstützung zu sichern, indem dem Kind ein unentgeltlicher Nießbrauch für eine vermietete Immobilie eingeräumt wurde. Dies ermöglicht es den Eltern, das Kind finanziell zu unterstützen, da Eltern frei wählen können, in welcher Form sie den Unterhalt begleichen möchten.
Wird die Überlassung der Betriebseinnahmen für die finanzielle Unterstützung der Kinder gewählt, ist in der Tat ein steuerlicher Vorteil gegeben. Dieser besteht darin, dass aufgrund der Berücksichtigung von steuerlicher Progression die Steuerlast für die Einkünfte aus der Immobilienvermietung gesenkt wird oder gar ganz entfällt. Sie entfällt komplett, wird der Grundfreibetrag durch die Einkünfte nicht überschritten. Die Höhe des Freibetrages wird nicht über das verwandtschaftliche Verhältnis bestimmt, wie es etwa bei der Schenkungssteuer der Fall ist.
Es kommt also zu einer Verlagerung der Einkünfte aus einem Wirtschaftsgut und somit zu einer Verlagerung der Einkommensteuer. Diese werden auf Familienangehörige umgelegt, die einem geringeren Steuersatz unterliegen. Diese Verlagerung allein widerspricht nicht den Wertungen des Gesetzgebers. Es ist somit kein allgemeiner Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO gegeben.
Die Verlagerung der Einkünfte wird im vollen Umfang steuerrechtlich berücksichtigt, da der Zuwendungsnießbrauch nach zivilrechtlichen Vereinbarungen getroffen wurde, die in der gleichen Form auch zwischen Fremden üblich wäre. Dies kann auch notariell beglaubigt werden. Die Gestaltung und Durchführung der Mietüberlassung sind somit nicht in ungewöhnlicher Form vorhanden.
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