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Der Begriff der Mitarbeiterbindung (auch Personalbindung oder Retention-Management) genannt, bezeichnet alle personalpolitischen Strategien und Maßnahmen, die ein Unternehmen im Rahmen der Mitarbeiterführung bewusst zur Schaffung von Bleibeanreizen ausgestaltet und umsetzt, um insbesondere erfolgs- und umsatzrelevante Angestellte mittel-oder langfristig im Unternehmen zu halten.
Angesichts des demografischen Wandels, dem Phänomen des Quiet Quitting (innere Kündigung) sowie den Herausforderungen des Fachkräftemangels und des damit verbundenen War for Talents, hat sich die Personalbildung zu einem der wichtigsten Pfeiler für den Erhalt der Wettbewerbsstärke und Existenzfähigkeit von Unternehmen entwickelt. In diesem Sinne dienen Maßnahmen der Mitarbeiterbindung der Verminderung von Fluktuation, der Einsparung dadurch entstehender Betriebskosten (bspw. Fluktuationskosten) sowie der Ausgestaltung eines Arbeitsumfeld, das die Identifikation der Mitarbeitenden mit den Unternehmenszielen fördert. Vor allem letztere steigert die Leistungsbereitschaft innerhalb der Belegschaft und optimiert letztendlich die Unternehmensperformance.
Es lassen sich 4 Ebenen bzw. Formen der Mitarbeiterbindung unterscheiden: die perspektivische, die rationale, die normative sowie die emotionale Bindung. Basierend auf diesen Ebenen hat sich in der personalwirtschaftlichen Praxis ein 6-Säulen-Modell etabliert, aus dem verschiedene Maßnahmen bzw. Instrumente zur Mitarbeiterbindung abgeleitet wurden. Diese lassen sich im Wesentlichen in materielle Bleibeanreize (bspw. die Bereitstellung eines Firmenwagens oder Fahrtkostenzuschüsse) sowie immaterielle Bleibeanreize (bspw. die Möglichkeit zu Homeoffice oder Sportkurs-Angebote) unterteilen. Weiterführende Informationen zu den 6 Säulen der Mitarbeiterbindung erhalten Sie hier.
Inhalt
Personalbindung ist existenzentscheidend für Unternehmen
Für das Jahr 2021 stellt die Gallup Studie fest, dass Motivation und Einsatzbereitschaft von Angestellten, die gewillt sind sich über das geforderte Maß hinaus zu engagieren, sowohl das Renommee als auch die Effizienz eines Unternehmens steigern und damit dessen Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt sichern.
Empfinden Mitarbeiter eine hohe Bindung zu ihrem Unternehmen, verringern sich etwa Fluktuationsrate und krankheitsbedingte Ausfälle innerhalb der Belegschaft, während Produktivitätsniveau und Eigeninitiative steigen. Weiterhin wirkt eine erfolgreiche Retention qualifizierter Mitarbeiter dem Abgang von Know-how entgegen, wodurch Betriebs-, bzw. Personalkostenpunkte, die für die Rekrutierung und Ausbildung oder Einarbeitung neuer Fachkräfte anfallen, vermieden werden können.
Darüber hinaus profitieren ebenso die Bereiche des Marketings und Employer Brandings nachhaltig von den Effekten wirksamer Mitarbeiterbindung: Motivierte, loyale Angestellte neigen dazu, sowohl die Produkte und Dienstleistungen ihrer Firma als auch diese selbst als attraktiven Arbeitgeber zu empfehlen (vgl. Brockmann 2023; Gallup 2021; Gabler 2016). Folglich stellt die Mitarbeiter-Retention eine Kernaufgabe für das Personal-Management zukunftsorientierter Unternehmen dar.
Allerdings belegt die Gallup Studie, dass der Anteil der Angestellten, die ihrer Firma gegenüber eine hohe Bindung empfinden, lediglich bei 11 bis 17 % liegt. Demnach leisten 61 bis 71 % der Befragten nur noch Dienst nach Vorschrift, während 15 bis 24 % bereits innerlich gekündigt haben und ihrem Unternehmen gegenüber keinerlei Bindung empfinden (vgl. Gallup 2021).
Dieser Sachverhalt verleiht der Bindung von Leistungsträgern in Hinblick auf die demografische Entwicklung eine neue Brisanz. In Zeiten des Fachkräftemangels wird Mitarbeiterbindung zum entscheidenden Faktor für die Existenzsicherung von Firmen im zunehmenden War for Talents:
„Überleben kann, wer seine Mitarbeiter besser bindet als die Wettbewerber am Arbeitsmarkt.“
(Wolf 2020: S. 21)
Mitarbeiterbindung: Maßnahmen, Strategie und Umsetzung im Unternehmen
Strategien und Instrumente zur Stärkung der Mitarbeiterbindung, die sich in der Alltagspraxis des Personalmanagements etabliert haben, orientieren sich an den sogenannten 6 Säulen der Mitarbeiter-Retention. Das Säulen-Modell selbst basiert auf den 4 Ebenen der Personalbindung. Diese umfassen die perspektivische, die rationale, die normative sowie die emotionale Bindungsdimensionen der Mitarbeiter-Retention.
Die 4 Ebenen der Mitarbeiterbindung
Die perspektivische Bindung ergibt sich aus der Unterstützung der Mitarbeitenden in ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung.
Die rationale Bindung benennt die Vorteilsabwägungen, die Angestellte bei der Frage, ob sich ein Verbleib beim aktuellen Arbeitgeber lohnt, in Hinblick auf Vergütung, Arbeitsbedingungen und sonstige finanzielle Leistungen unternehmen.
Die normative Bindung zielt auf die Frage, ob Mitarbeitende sich mit dem Wertesystem und den Zielen des Unternehmens identifizieren können und sich diesem verpflichtet fühlen.
Die emotionale Bindung entsteht in einem guten Betriebsklima, das sich etwa durch eine werteorientierte Mitarbeiterführung sowie durch die Anerkennung der Persönlichkeit und der Individualität der Mitarbeitenden (Diversity) auszeichnet. Auch die Verbundenheit zu Kolleginnen und Kollegen oder die Beziehung zur eigenen Führungskraft spielen in Bezug auf die emotionale Mitarbeiterbindung eine wichtige Rolle.
Während die jeweiligen Bindungsarten im Ebenen-Modell als separate Dimensionen betrachtet werden, ist das Konzept der 6 Säulen integrativ ausgerichtet: Jede Säule vereint in sich sowohl perspektivische, rationale, normative als auch emotionale Mitarbeiterbindungsmaßnahmen.
Die 6 Säulen der Mitarbeiterbindung
1. Säule: Arbeitsorganisation und Arbeitsumfeld
Angestellte verbringen einen großen Teil ihrer Zeit bei der Arbeit. Dementsprechend sind ein angenehmes Arbeitsumfeld, das sich durch eine positive Arbeitsatmosphäre auszeichnet und Mitarbeitenden eine strukturierte Arbeitsweise ermöglicht, essenziell für das Retention-Management.
Maßnahmen zur Schaffung eines personalbindenden Arbeitsumfelds umfassen etwa
- flexible Arbeitszeitmodelle (bspw. Voll- und Teilzeit oder Gleitzeitmodelle),
- die Möglichkeit zum Homeoffice,
- kostenlose Parkmöglichkeiten,
- eigene Büroräume,
- ansprechend gestaltete Sozial- oder Pausenräume,
- eine Kantine,
- kostenfreie Verpflegung (Getränke und Snacks),
- Kinderbetreuung (Kita, Betriebskindergarten oder Notfallbetreuung),
- Teamevents und Betriebsfeiern,
- die Betreuung der Belegschaft durch einen Feeld-Good-Manager.
2. Säule: Gesundheit, Freizeit und Sport
Eine weitere Möglichkeit, die Arbeitgeber haben, um Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden, bietet die Investition in ein effektives Gesundheitsmanagement sowie die Priorisierung der Work-Life-Balance. Dies ist nicht nur der Stärkung der Mitarbeiterbindung dienlich, sondern beugt auf dem krankheitsbedingten Ausfall von Angestellten entgegen.
Entsprechende Instrumente in diesem Zusammenhang sind zum Beispiel
- die Veranstaltung von Gesundheitstagen,
- das Anbieten von Sportkursen,
- Kurse zur Ernährungsberatung,
- kostenlose Gesundheits-Check-ups,
- ein firmeneigenes Fitnessstudio,
- eine betriebliche Altersvorsorge oder
- eine betriebliche Krankenversicherung.
3. Säule: Personalentwicklung und Karrieremöglichkeiten
Insbesondere angesichts der Arbeitsmarkteffekte des Fachkräftemangels, mit denen sich Unternehmen zunehmend konfrontiert sehen, erweisen sich Förderungsangebote und transparente Aufstiegschancen als eine wichtige Strategie für die Mitarbeiterbindung.
Maßnahmen zur Förderung der persönlichen sowie fachlichen Entwicklung der Angestellten beinhalten unter Anderem
- Schulungen,
- die Förderung eines eines berufsbegleitendem Studiums,
- die Möglichkeit zu Auslandsaufenthalten,
- den Erwerb von Zusatzqualifikationen,
- interne Mentoring-Programme oder
- Coaching-Angebote.
4. Säule: Employer Branding und Arbeitgebermarketing
Für viele Fachkräfte fungiert ein hohes Ansehen, das ein Arbeitgeber in der öffentlichen Wahrnehmung genießt und das diesen von anderen Wettbewerben auf dem Arbeitsmarkt abhebt, als eines der wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Arbeitsplatzwahl.
Um ein attraktives Branding zu kreieren, kann ein Unternehmen folgende Strategien umsetzen:
- die Nutzung von Bewertungsportalen (bspw. Kununu)
- das Anbieten von Karriere-Events
- der Einsatz von Markenbotschaftern
- Karriereportale auf der firmeneigenen Website
- Programme wie „Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“
- Willkommenspakete für neue Angestellte
- die Pflege eigener Social Media Kanäle
Weitere Infos rund ums Employer Branding und weiteren Aspekten finden Sie u. a. auf jobchannel.ch.
5. Säule: Unternehmenskultur und -kommunikation
Eine weitere Möglichkeit, um die Mitarbeiterbindung durch Kommunikations-Instrumente zu stärken, bietet eine Unternehmenskultur, die ihre Werte deutlich vermittelt und konsequent vertritt.
In diesem Sinne sollte sich die Firmenkultur durch folgende Attribute und Handlungsstrategien auszeichnen:
- eindeutig definierte Unternehmenswerte und Führungsgrundsätze (Wertekanon)
- transparente Workflows
- eine mitarbeiterzentrierte Erfolgskultur
- der Veranstaltung von Teamevents
- der Unterhaltung einer Mitarbeiterzeitung/-newsletter
- der Bereitstellung eines Intranets für den Austausch der Mitarbeitenden untereinander
6. Säule: Vorteile und Benefits
Zusätzliche materielle Vorteile und finanzielle Vergünstigungen, die Mitarbeitende eines Unternehmens genießen wirken sich ebenso positiv auf die Mitarbeiterbindung aus.
Hierbei handelt es sich um additionale Vergütungen, die über die monatliche Entgeltzahlung hinausgehen. Dazu zählen beispielsweise
- Zuschüsse für Fahrtkosten,
- die Bereitstellung eines Firmenwagens,
- die Zurverfügungstellung eines Laptops und Firmenhandys zur privaten Nutzung,
- Personalrabatte für firmeneigene Produkte oder Dienstleistungen
- die Auszahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld oder
- Sachwertbezüge (bspw. Gutscheine).
Nicht jede Strategie zur Personalbindung ist für jedes Unternehmen geeignet oder für dieses realisierbar. Eine Firma sollte ihr Retention-Management bedarfsbezogen gestalten und am Profil der Belegschaft (bspw. an der Altersstruktur der Mitarbeitenden) sowie den eigenen strukturellen und finanziellen Kapazitäten orientieren.
Tipp der Redaktion: Wie es um die Mitarbeiterbindung in der Finanzbranche steht und welche Schritte Banken unternehmen können, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, erfahren Sie im Artikel von bankinghub.de.
Welche Ausgaben können bei der Stärkung der Mitarbeiterbindung anfallen?
Kostenpunkte, die im Rahmen personalbindender Maßnahmen entstehen, sind unter Anderem in den Bereichen der
- Lohnnebenkosten (bspw. Weihnachtsgeld, Personalrabatte, Sachzuwendungen und Fahrtkostenzuschüsse)
- sonstigen Personalkosten (bspw. Fortbildungsseminare, Arbeitsmittelausstattung von Mitarbeitenden)
- Strukturkosten (bspw. Mitarbeiterkantine) und
- Betriebsausgaben (bspw. Ausgaben für Teamevents und Betriebsfeiern)
zu verorten.
Dennoch stellen auch sehr kostenträchtige Investitionen zur Mitarbeiterbindung für die Unternehmensführung eine geringere Aufwendung als Fluktuationskosten dar und wirken diesen unmittelbar entgegen.